Beamten-Bashing

[Günter]

In letzter Zeit wird immer häufiger Beamten-Bashing in den Medien betrieben. Abschaffung Beamtensystem, Einbeziehung der Beamten in Renten- und Krakenkasse sind Beispiele. Zuletzt ist mir die Journalistin Ulrike Herrmann bei "Lanz" unangenehm aufgefallen. Ich habe ihr einen Brief geschrieben, den ich hier bekanntgebe.

Sehr geehrte Frau Herrmann,
Ihre Meinungsäußerung bei "Lanz" zu Renten und Pensionen kann ich nicht unbeantwortet lassen. Beamten-Bashing kommt in der breiten Öffentlichkeit immer gut an. Insoweit verstehen Sie Ihr Handwerk. Haben Sie aber auch zu den Hintergründen des jetzigen Systems der Beamtenbesoldung und der Beamtenpensionen objektiv recheriert? Wenn ja, müsste Ihnen aufgefallen sein, das es gute Gründe für das Beamtensystem gibt. Z.B. Sicherung der staatlichen Ordnung und Einhaltung der Gesetze durch eine weisungsgebundene Verwaltung. Dazu braucht es Amtsdiener die per Eid verpflichtet sind loyal dem Staat zu dienen und seine Gesetze zu wahren. Als Gegenleistung werden sie vom Staat lebenslang alimentiert und zwar überwiegend unabhängig von der jeweiligen Kassenlage. Was ist daran falsch? Sind die Beamten daran schuld, dass die Rentenkasse leer ist, weil sie und der sie alimentierende Staat nicht einzahlen? Wohl kaum. Die Gründe sind vielfältig und reichen von Demografie bis versicherungsfremde Leistungen aus der Rentenkasse. Bei Ihrer Beurteilung der Pensionen kommt mir zu kurz, dass Beamte während ihrer aktiven Zeit auch das "Gelübte zur ewigen Armut" abgelegt haben. Sprich, ihre Ämter wurden im Hinblick auf die Zusage, auch im Ruhestand für sie zu sorgen, unterbezahlt. Das gilt noch heute. Vergleichen Sie bitte die Besoldungstabellen mit Tariflöhnen und außertariflichen Gehältern. Das ist bei einem oberflächlichen Vergleich der Prozentsätze für Renten und Pensionen zu berücksichtigen. Erst im Alter erfolgt ein gewisser Ausgleich. Wenn ich meine Pension mit der Rente eines gleich qualifizierten Angestellten vergleiche fällt mir auf: ja, die gesetzliche Rente ist nicht nur prozentual sondern auch betragsmäßig geringer. Aber mit Zusatzrenten, die von gut bezahlten Angestellten angespart werden konnten, teilweise von Arbeitgebern mitfinanziert, entspricht das prozentuale Rentenniveau durchaus dem Pensionsniveau. Ich wünsche mir, es ist ja Weihnachten, dass Sie sich künftig mit Beamten-Bashing zurückhalten.

[Allium]

ich finde deinen Text sehr gut und auch sehr sachlich. Danke dafür

[Aufsteiger85]

Markus Lanzist leider häufig selbst nicht objektiv und drückt das Thema seiner Sendung bewusst in eine bestimmte Richtung. Auch sind die Studiogäste meistens nicht so im "Spektrum" verteilt, wie man das von öffentlich-rechtlichen Sendern erwarten sollte. So wurden in der Vergangenheit überproportional häufig Gäste eingeladen, die der FDP zumindest nahestanden, obwohl die Partei selbst in Umfragen zwischen wahlen so gut wie nie über 10% der (potentiellen) Stimmen hinauskam.

Insofern wundert es mich nicht, dass dort auf den Beamtenbashingzug aufgesprungen wurde - umso schöner, dass jemand dazu eine Antwort parat hat (und sie auch sendet). Tatsächlich würde ich die aber auch an die Redaktion von Lanz senden, damit die Qualität des Gastes an der Wirklichkeit gespiegelt werden kann.

[Günter]

Danke für Euer Feedback. Lanzredaktion ist eine gute Idee. Email rausfinden und ab. SZ habe ich bereits kontaktiert und auch Anwort erhalten. Halte die Community auf dem Laufenden. Versprochen.

[AndyO]

Das Bashing hat eine lange Tradition. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen. Zur Pensionshöhe gibt es 3 große schematische Fehler:

a) größere Arbeitgeber zahlen eine Betriebsrente. Die fällt beim Vergleich unter den Tisch
b) bei Rentnern fällt mit Renteneintritt die Arbeitslosen- und Rentenversicherung weg
c) gut die Hälfte der Beamten gehört dem gehobenen und höheren Dienst an. Tendenz wegen Privatisierungen Post&Bahn nach wie vor steigend. Ebenso Laufbahnanpassungen bei der Polizei, Höhergruppierung bei der größten Gruppe Lehrer.

Wenn man das mit 10 Mio. Niedriglöhner und Minijober vergleicht wird das nicht passen. Die Medien blenden das unisono aus um den Sozialneid zu befeuern. Da wirst keine Einsicht zurück bekommen.

[Martin2006]

Was mir dabei generell zu kurz kommt, ist das Thema " Eckmannvergleich". Da redet in den Medien keiner aktuell drüber.

Nachfolgenden Artikel kann ich zum Thema Beamtenpensionen empfehlen...

https://www.myheimat.de/bobingen/c-loka ... n_a1279941

[stuntmanmike]

mal rein interessehalber, falls beamte irgendwann in die rente einzahlen und auch daraus ihre rente dann bekommen, ist das dann nur für neue beamte wegen rueckwirkungsverbot nehme ich mal an?

[Aufsteiger85]

mal rein interessehalber, falls beamte irgendwann in die rente einzahlen und auch daraus ihre rente dann bekommen, ist das dann nur für neue beamte wegen rueckwirkungsverbot nehme ich mal an?

Die Kurzversion ist: Solange es das Beamtentum gibt, wird das Alimentationsprinzip nicht abgeschafft werden. Ob das, was der Dienstherr zurücklegt bzw. zurücklegen muss, zukünftig in der GRV geht, die dann die 1. Säule der Beamtenpension finanziert, ist dabei eigentlich wurscht, da der Anspruch sich nicht auf die Quelle der Auszahlung im Ruhestand bezieht. Das Alimentationsprinzip sichert Beamten lebenslang ein Auskommen zu und das BVerfG hat schon der geplanten Absenkung des Pensionsniveaus auf 67% eine Absage erteilt. Das jetzige Niveau von 71,75% sei "noch verfassungsgemäß" hieß es damals. Man kann also sehr beruhigt an die Sache herangehen.

[AndyO]

mal rein interessehalber, falls beamte irgendwann in die rente einzahlen und auch daraus ihre rente dann bekommen, ist das dann nur für neue beamte wegen rueckwirkungsverbot nehme ich mal an?

So Migrationen hatten wir doch schon. Kann mich noch erinnern dass ältere Kollegen bereits nach 35 Jahren 75% Pensionsanspruch erworben haben. Da gab's Übergangsmodelle je nachdem wann diese in Pension gingen.

[Günter]

Folgend Mail an "Lanz":
Sehr geehrter Herr Lanz,
Ihre Gäste sollen dazu beitragen, aktuelle gesellschaftliche und politische Themen und Thesen zu beleuchten und ihre Meinungen dazu einem breiten Fernsehpublikum vortragen. Guter Ansatz. Aber Beamten-Bashing mit Stammtischparolen zum Thema Beamte und deren Pensionen geht gar nicht. Frau Ulrike Herrmann kann ihre subjektive Meinung äußern, wir leben, ja wie lange noch?, Gott sei Dank in einer Demokratie mit dem Grundrecht der freien Meinungsäußerung. Aber in einer Demokratie mit einer freien unabhängigen Presse sollten auch Andersdenkende zu Wort kommen !!! Lieber Herr Lanz, konfrontieren Sie Ihre Gäste mit objektiven kritischen Fragen. Das können Sie doch sonst so gut. Bei Frau Herrmann haben Sie das versäumt. Ich gebe Ihnen meine Mail an Frau Herrmann und (getrennt) den Journalistenverband zur Kenntnis.
P.S. "Lanz", und auch andere Talksendungen, sollten Ihre Gäste öfter wechseln. Immer dieselben Gesichter und Meinungen. Meinungsvielfalt stärkt die Demokratie. Laden Sie mal einen namhaften Hochschulprofessor der zum Thema forscht "Beamte - Nützlich oder Last" ein oder den Journalisten Detlef Esslinger von der SZ (der kann Innen- und Außenpolitik), den DBB (verbreitet gern Thesen, konkret Fehlanzeige, kommuniziert nicht mit seiner Klientiel, vielleicht bei Lanz?), Prof. Helbling (Uni Mannheim forscht zur Migration), Rechtsanwalt Dr. Leuschner (Fachanwalt Asylrecht Frankfurt) und viele andere kritische Geister. Gern auch hochrangige Ministerialbeamte (die werden sich hinter Vorschriften verschanzen statt ihre Kenntnisse von der Front in Bürokratieabbau umzusetzen). Ich denke, diese "Typen" könnten "Lanz" nicht schaden.
Mit freundlichen Grüßen

Apropo DBB. Hat sich zuletzt im August zu dem Thema geäußert. Ist er müde geworden immer den gleichen Thesen entgegen zu treten?

[stuntmanmike]

mal rein interessehalber, falls beamte irgendwann in die rente einzahlen und auch daraus ihre rente dann bekommen, ist das dann nur für neue beamte wegen rueckwirkungsverbot nehme ich mal an?

Die Kurzversion ist: Solange es das Beamtentum gibt, wird das Alimentationsprinzip nicht abgeschafft werden. Ob das, was der Dienstherr zurücklegt bzw. zurücklegen muss, zukünftig in der GRV geht, die dann die 1. Säule der Beamtenpension finanziert, ist dabei eigentlich wurscht, da der Anspruch sich nicht auf die Quelle der Auszahlung im Ruhestand bezieht. Das Alimentationsprinzip sichert Beamten lebenslang ein Auskommen zu und das BVerfG hat schon der geplanten Absenkung des Pensionsniveaus auf 67% eine Absage erteilt. Das jetzige Niveau von 71,75% sei "noch verfassungsgemäß" hieß es damals. Man kann also sehr beruhigt an die Sache herangehen.

wieso diskutieren die das dann staendig ueberall? auch bei lanz teilweise. habe langsam den eindruck man wird staendig verarscht, wenn man sich genauer mit dem thema beschaeftigt. weil welchen unterschied soll es machen ob ich die 71% jetzt aus der gesetzlichen finanziert werden oder der beamtenkasse? rechte tasche linke tasche. gut es kommt beim wahlvolk eben gut an wenn man bisschne gegen beamten schiesst wahrscheinlich. was fuer ein scheiss system

[Aufsteiger85]

wieso diskutieren die das dann staendig ueberall? auch bei lanz teilweise. habe langsam den eindruck man wird staendig verarscht, wenn man sich genauer mit dem thema beschaeftigt. weil welchen unterschied soll es machen ob ich die 71% jetzt aus der gesetzlichen finanziert werden oder der beamtenkasse? rechte tasche linke tasche. gut es kommt beim wahlvolk eben gut an wenn man bisschne gegen beamten schiesst wahrscheinlich. was fuer ein scheiss system

Genau das ist es aber. Es geht um den Eindruck der Fairness. Dass die Beamtenpension die 1. UND 2. Säule der Altersvorsorge abdeckt, wissen die meisten nicht. Und dass vergleichbare Tarifbeschäftigte im ÖD im Alter ungefähr das gleiche (nach Steuern und Krankenkasse) raushaben, will auch keiner sehen, da gerade schlechter bezahlte Jobs ja oft keine betriebliche Altersvorsorge anbieten.

Jeder kann Beamter werden oder sich einen Job mit betrieblicher AV suchen. Die meisten wollen aber nur hetzen und jemandem, dem es besser geht, etwas nicht gönnen.