Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Beamten

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Barret Wallace
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Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Beamten

Beitrag von Barret Wallace »

Hallo,

ich hoffe, das löst jetzt keinen Flame-War aus ;-) Seit ein paar Wochen bin ich in die Führungsposition eines Amtes auf- bzw. umgestiegen. Die ca. 50 Beamten und übrigen Beschäftigten sind durchaus leistungswillig und kompetent, aber bislang läuft alles ein wenig unstrukturiert ab. Die einzelnen Bereiche des Amtes arbeiten auch nicht immer wirklich Hand in Hand, sondern z.T. gegeneinander. Meine Vision ist nun, eine Art kennzahlenbasiertes Controlling einzuführen. Die übrigen Mitglieder der Führungsetage halte ich diesbezüglich durchaus für aufgeschlossen.

Meine Frage ist daher: Hat jemand Erfahrung mit Management-Methoden wie Balanced Scorecard gemacht und kann eine Empfehlung abgeben?
Steinbock
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Steinbock »

Barret Wallace hat geschrieben:Hallo,

ich hoffe, das löst jetzt keinen Flame-War aus ;-) Seit ein paar Wochen bin ich in die Führungsposition eines Amtes auf- bzw. umgestiegen.
Wobei ich mich frage ob dies von langer Dauer bleibt ! :mrgreen:
Die ca. 50 Beamten und übrigen Beschäftigten sind durchaus leistungswillig und kompetent, aber bislang läuft alles ein wenig unstrukturiert ab. Die einzelnen Bereiche des Amtes arbeiten auch nicht immer wirklich Hand in Hand, sondern z.T. gegeneinander. Meine Vision ist nun, eine Art kennzahlenbasiertes Controlling einzuführen. Die übrigen Mitglieder der Führungsetage halte ich diesbezüglich durchaus für aufgeschlossen.
Und die Genehmigung des Personalrates hierzu liegt mit Sicherheit noch nicht vor! oder ?

Gruß vom Steinbock
Barret Wallace
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Barret Wallace »

Vielen Dank für die Antwort, Steinbock.
Wobei ich mich frage ob dies von langer Dauer bleibt!
Ich vermute, Du spielst auf die oft zitierte Veränderungs-Un-Willigkeit der Beamten an? Habe ich bislang aber auch durchaus schon anders erlebt.
Und die Genehmigung des Personalrates hierzu liegt mit Sicherheit noch nicht vor! oder ?
Noch ist gar nichts abgesprochen. Weder mit dem Personalrat noch mit sonstjemandem. Es geht mir auch gar nicht darum, individuelle Kennzahlen zu erfassen (zB bearbeitete Vorgänge pro Person). Vielmehr wurde vom Amt heraus der Wunsch an mich herangetragen, die Strukturen doch vielleicht etwas zu optimieren. Es ist auch nicht ganz klar, ob alles, was die einzelnen Personen so tun, überhaupt sinnvoll ist (geschweige denn in Relation zu den Kosten steht). Es geht also in erster Linie darum, unser Selbstverständnis, Visionen und Ziele gemeinsam zu definieren. Danach ggf. zu quantifizieren: Welche messbaren Ziele setzen wir uns als Gruppe?

Das kann auch durchaus anspornende Wirkung haben in dem Sinne, dass man einen Sinn erkennt in dem was man tut. Von daher die Frage nach Erfahrungen mit so etwas (positiv wie negativ).
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Bundesfreiwild
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Bundesfreiwild »

Ich war von 1987-2000 im Aufbau von Buchhaltung nach HGB und der Einführung eines Controllings tätig, mit Inventuren, Bewertungen des Anlagevermögens, Aufbau der Datenbanken in SAP. Der grösste Hemmschuh bei diesem Unterfangen waren tatsächlich die damaligen Führungskräfte auf Ressortleiterebene. Die waren der Titelwirtschaft verhaftet, verweigerten sich z. B. neuen Formularen (mit Kostenstellenfeld), hatten die "tollsten" Argumente gegen alles Neue. Und natürlich damals auch absolut NULL Plan von digitalen Systemen und Möglichkeiten.

Eines kann ich als Ratschlag geben:
Ganz viele deiner Mitarbeiter werden sich immer schon mal über die nicht 100pro funktionierenden Prozesse und Strukturen aufgeregt haben und um Veränderung gebeten haben. Viele sagen sich aber auch: Ich bekomme mein Geld nicht fürs Denken, dazu sind die "Oberen" da; sollen die mal machen und ich mache dann, was man mir sagt. Und so einige der Führungskräfte werden ähnliches versucht haben, als sie noch jung und schnuckelig waren - und dann am System gescheitert sind. Die werden bissi über dein Engagement lächeln, dich vielleicht auch machen lassen; aber ob sie dich unterstützen, das steht auf einem anderen Blatt.

Wichtig ist vor allem, dass DER, der Veränderungen herbeiführen will, sich die Rückendeckung SEINER Führungsebene und seiner nächsthöheren Ebene abholt (und die sich die ihrer...), sonst kannst du alle deine Ideen in den Wind schiessen. Denn: Wenn du Prozesse umstellen willst, die auch in andere Ressorts- und Hierarchiebenen hinein reichen - und ein Controlling wird dies natürlich massiv tun - geht das natürlich nicht ohne das Wohlwollen und die Kooperation deiner Führungsebene UND der darüber. Wenn du die nicht hast, brauchst du gar nicht erst anzufangen.

Mindestens genau so wichtig ist, dass deine Mitarbeiter mitspielen und am Ende auch einen Vorteil davon haben. Dieser Vorteil wird evtl. schon nur darin liegen, dass endlich mal ein Prozess ohne Haken und Ösen durchgängig funktioniert, ggfs. immer wieder auftauchende Sonderfälle/-lösungen im Prozess definiert und standardisiert werden, also viel unnötige Arbeit - evtl. auch Doppelarbeit - nicht gemacht werden muss. Manchmal wird auch ein Hinderniss in Form einer Führungskraft erkannt, der/die aus alter Gewohnheit evtl. etwas unterlässt, das in seinem Ressort nicht zum Tragen kommt, aber in allen anderen zu Problemen führt.

Damit du die Mitarbeiter mitnehmen kannst UND auch eine tatsächliche Optimierung der Arbeitsprozesse entsteht, ist es absolut unabdingbar, sich mit den Arbeitsaufgaben, den Arbeitsabläufen und den dabei immer wieder auftauchenden Problemen an der BASIS vertraut zu machen, damit man tatsächlich zu einer fundamentalen Analyse kommt. Manchmal ist es auch "nur" ein Mitarbeiter, der immer wieder einen Ablauffehler begeht, ein Formular, das nicht auf einen neuen Prozess angepasst wurde, ein simpler Eintrag, der irgendwo fehlt. Bevor du auch nur wagst, dir eine Meinung zu bilden, MACHE dich mit den einzelnen Aufgaben und Arbeitsabläufen der Mitarbeiter vertraut, damit du auch weisst, wovon du redest. Nur dann werden deine Mitarbeiter dich auch ernst nehmen und dich in einem Veränderungsprozess unterstützen.

Zielerreichung: Wenn Prozesse funktionieren, dann werden die erforderlichen Ziele in der Regel auch erreicht. Und man setzt sich auch nur Ziele, die man mit einiger Sicherheit auch in einem Zeitraum erreichen KANN. Nichts ist psychologisch schlimmer, als dauernd zu scheitern, weil man die Ziele zu hoch angesetzt hat. Nur Erfolgsmomente belohnen die Anstrengungen und spornen zu weiterem Engagement an. Also lieber niederigere Ziele anpeilen mit hohem Erfolgspotential, als zu hohe, mit der Gefahr zu scheitern. Keiner lässt sich am Ende gerne sagen, dass das ganze Abstrampeln nicht das Erwartete gebracht hat.

DEIN Ziel muss auch nicht automatisch das Ziel deiner Mitarbeiter sein. Und für die meisten Mitarbeiter ist das Ziel auch nicht unbedingt das "mehr".
Für manchen Mitarbeiter wäre ein "mehr" oft schon das "weniger" an vermeidbarem alltäglichem Stress und kleinen Ärgernissen. Kleine Ärgernisse können auch Dinge sein, an die du nicht denkst: Das immer fehlende Ersatzklopapier, eine Kollegin, die einem mit einer persönlichen Eigenart den letzten Nerv raubt (man könnte evtl. mal die Büros tauschen), ein schlechter Bürostuhl, alles mögliche.

Deshalb muss eine veränderungwillige Führungskraft auch die Interaktion der Mitarbeiter betrachten. Für ganz viele Menschen ist es fundamental viel wichtiger, ein gutes Betriebsklima zu haben, vernünftige Urlaubs- und Vertretungsregelungen, Kollegen, auf die man sich verlassen kann, wenn man selbst evtl. paar Tage krank ist.
Damit Vertreterregelungen funktionieren, muss der Vertreter auch die aktuellen Arbeitsabläufe des zu vertretenden Kollegen wissen, ggfs. sollte es laufend aktualisierte Dokumentationen über gewisse Arbeitsabläufe und Systemanwendungen geben, damit der Vertreter auch sofort einsteigen kann, wenn nötig.

Eines wäre noch sehr wichtig: Im Controlling werden viele Zahlen und Auswertungen anfallen. Denke daran, dass vieles in der Mitbestimmung des Personalrates/Betriebsrates liegt. Vor allem wenn es an Formulare, Kennzahlen, Datenerhebungen, Auswertungen und Zahlen geht, die in Zusammenhang mit Personen erhoben und verarbeitet werden.
Bevor du also anfängst, besprich mit dem P/Betriebsrat, wann du bei wem welche Zahlen sammeln willst und wie du die erhobenen Daten zu verarbeiten und zu schützen gedenkst. Lege das zusammen mit dem Betriebsrat in einer Betriebsvereinbarung fest; dann weiss jeder, woran er ist. Du könntest sonst ganz schnell am Ende sein mit deinem Ansinnen, weil du die Datenschutzbedingungen nicht erfüllt hättest.

Und vor allem - etwas, das mich immer verärgert hat: WENN deine Mitarbeiter mal alles geschafft haben und sich evtl. auch mal 1-2 Tage wegen Arbeitsmangel langweilen sollten - komme nicht auf die Idee, dumme Bemerkungen zu machen oder grad dann die freie Zeit mit einer Teambesprechung zuzupacken. Deine Mitarbeiter sollen auch mal miteinander reden können, ohne dass ihnen die Arbeit im Nacken sitzt, mal einen Geburtstag feiern können, ohne dass der Chef panisch auf die Uhr sieht.
Die Pflege des sozialen Miteinanders bringt für ein Ressort mehr, als eine zielgerichtete Teambesprechung jemals bringen könnte.

Und apropos Teambesprechungen und ähnliches: Die macht man in den Kernarbeitszeiten, wenn auch die Teilzeitkräfte aller Wahrscheinlichkeit an Bord sind. Es macht keinen Sinn, die immer z.B. erst Nachmittags um 14-15 Uhr zu machen, wenn die Vollzeitkräfte schon 6-7 Stunden konzentriert gearbeitet haben und der Feierabend in Sicht kommt und die Teilzeitkräfte entweder nichts mitbekommen oder ihren - durch Kinder etc. strukturierten - Tag für eine Besprechung umschmeissen müssten.
Teambesprechungen macht man am späten Vormittag zwischen 9:30 und 11:30. Da sind die Menschen aufnahmefähig.
Steinbock
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Steinbock »

Hallo Barret Wallace,
Barret Wallace hat geschrieben:Vielen Dank für die Antwort, Steinbock.
Wobei ich mich frage ob dies von langer Dauer bleibt!
Ich vermute, Du spielst auf die oft zitierte Veränderungs-Un-Willigkeit der Beamten an? Habe ich bislang aber auch durchaus schon anders erlebt.
Nein - mit Sicherheit nicht.

Ich war früher beim Haupt- und Organisationsamt (Datenverarbeitung) tätig und erinnerte mich gerade einmal, als man uns damals einen Neuling -Amtsrat- vor die Nase setzen wollte. Dieser hatte von unserer Arbeit keinen blassen Schimmer und wollte mit neuen Methoden die
Abteilung effektiver gestallten.

Allerdings sollte man dann auch von einem Vorgesetzten erwarten dürfen, dass er die Aufgaben seiner Mitarbeiter kennt (was jedoch nicht der Fall war).

Er wollte ein Berichtswesen einführen. Zuerst einmal bei den Erfassungskräften (Angestellten).
Dass er damit fast die Abteilung zum Stillstand brachte, bemerkte er erst als er beim Dezernenten antanzen durfte und den 1. Rüffel bekam.

Er hatte das ganze zwar mit dem Amtsleiter besprochen.
Nur der Personalrat wurde nicht informiert.

Seine Versetzung in unsere Abteilung dauerte ganze 6 Wochen - danach war er von heute auf morgen weg.

Gruß vom Steinbock
Kater-Mikesch
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Kater-Mikesch »

:twisted: :mrgreen: Hallo Bundesfreiwild und die anderen Mitstreiter,

ich glaube hier mit mit Barret Wallace mal wieder ein kleiner Fake in der Pipeline...

Also Führungsverantwortlicher der was auf sich hält, würde hier in einem (Arbeitnehmer)-Forum nach Balanced Scorecard bzw. eine Instrument für das strategisches Management fragen...das wär ja genauso, als wenn die Vivento bzw. die Verantwortlichen des Stellenabbau-Programm die fragen würde, bei denen die Stelle abgebaut werden soll und dies nur unter der Bedingung durchführt, dass diejenigen damit einverstanden sind...

Vor allen Dingen ist es so, dass sich ein Manager oder ein Verantwortlicher zuerst mal Gedanken um die verschiedenen Methoden und Scorecard macht (diese Wissen hat der Fragesteller meiner Meinung überhaupt nicht) und dann wird sowas grds. ohne Einverständnis der Beschäftigten durchgeführt bzw. mit der Genehmigung von verdi - kommt ja auf das Gleiche heraus :wink:

Die Fragestellung ist als absoluter Schwachsinn - was mich dabei wurdert, dass gerade Bundesfreiwild darauf anspringt und einen Roman schreibt...
Dann noch so zu tun, dass so eine Management-Methode bei einem Haufen von 50 Beschäftigten durchgeführt wird, ist meiner Meinung nach der Schwachsinn hoch 3 - im Regelfall wird sowas auf gesamte Unternehmen angewendet, damit Maßnahmen durchgeführt werden, die nachvollziehbar und Effektiv sind - also Kennzahlenrelevant und somit als Vergleich dienen...so kann die Vision und Strategie umgesetzt werden und damit werden Unternehmen bzw. Teile des Unternehmens mit anderen verglichen werden...

Vor allen Dingen ist mir absolut schleierhaft, welche vier Blickwinkeln bei den paar Beschäftigten in den Fokus gestellt werden - welche Perspektiven bei den Finanzen und sonstigen Blickwinkeln will der Fragesteller in den Fokus stellen und vor allen Dinge die wichtigste Frage:

Welche Sau interessiert sich für die Ergebnisse von einer Stelle mit ca. 50 Beschäftigten - nochmals. So etwas widersinniges und hirnrissiges habe ich leider hier im Forum noch nicht gelesen... :evil: :twisted: :mrgreen:
Conny
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Conny »

Also ich kann dem Kater nur zustimmen. Ich bin ebenso in diesem Sektor tätig und muss daher schmunzeln.

In ein paar Wochen kann man sich vielleicht einen Einblick verschaffen aber keinen Durchblick. Erstmal die Klitsche verstehen lernen. Da muss man mit deutlich mehr Erfahrung ran, als man auf der Schulbank lernt. Das Vorgefundene entscheidet über die Mittel, die eingesetzt werden können/müssen. Wenn der Fisch schon vom Kopf her stinkt (und alles deutet darauf hin) und der Personalrat auch noch in das Schema paßt, dann flüchte besser. :mrgreen:

Conny
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Bundesfreiwild
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Re: Balanced Scorecard, Strategisches Management,... bei Bea

Beitrag von Bundesfreiwild »

Auch wieder wahr.
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