Entlassungsverfahren

Allgemeine Themen zum Bereich des öffentlichen Dienstes.

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Flapper
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Entlassungsverfahren

Beitrag von Flapper »

Hallo,

wie funktioniert eigentlich das Entlassungsverfahren?, Wie lange dauert sowas bis alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind .? Geht einem Entlassungsverfahren immer das Verbot der Führung der Dienstgeschäfte voraus? Und wie lang und in welcher Höhe bekommt man Dienstbezüge?
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Bundesfreiwild
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Beitrag von Bundesfreiwild »

Also Leute, ich muss es ja mal lautstark bemerken:
In 1 Minute habe ich folgende, meiner Meinung nach recht breit aufklärende Beiträge zum Thema im Internet gefunden. Ich denke, das müsste auch jeder andere schaffen, der solche allgemeinen Fragen zum Beamtenrecht stellt.
Ist es die allgemeine Bequemlichkeit, die man heutzutage besonders bei jüngeren Menschen bemerkt, nämlich die Bequemlichkeit, keinen Bock mehr zu haben, längere Texte mal aufmerksam durchzulesen? Man möchte immer die direkte Antwort auf dem Serviertablett präsentiert bekommen?
Mach ich nicht mehr - also müsst ihr lesen, was ich auch gelesen habe:


Mit der Entlassung endet das Beamtenverhältnis. Beamte können aus dem Beamtenverhältnis kraft Gesetzes oder durch Verwaltungsakt entlassen werden.

1. Entlassung kraft Gesetzes
- § 29 Abs. 1 BBG bei Verlust der Eigenschaft als Deutscher i.S.d. Art. 116 GG
- bei Übertritt in ein öffentlich-rechtliches Dienst- oder Amtsverhältnis zu einem anderen Dienstherrn
- bei Erreichen der Altersgrenze, wenn das Beamtenverhältnis nicht durch Eintritt in den Ruhestand endet
- gem. § 125 BRRG, bei Ernennung zum Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit
- § 32 Abs. 2 S. 2 BBG beim Beamtenverhältnis auf Widerruf im Vorbereitungsdienst
- § 24 a Abs. 4 BBG bei Beamtenverhältnis auf Probe
Die Entlassung kraft Gesetz tritt ein, ohne dass es dazu eines Verwaltungsaktes bedarf.

2. Entlassung durch Verwaltungsakt
a) Entlassung durch einseitigen Verwaltungsakt aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften
- bei Verweigerung des Diensteides (§ 28 Nr. 1 BBG)
- bei Unvereinbarkeit von Amt und Mandat (§ 28 Nr. 2 BBG)
- wenn der Beamte ohne Genehmigung der obersten Dienstbehörde seinen Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland nimmt (§ 28 Nr. 3 BBG)
- bei Ernennung nach Erreichung der Altersgrenze (§ 41 Abs. 4 S. 2 BBG)
Die zwingenden Entlassungsgründe lassen keinen Spielraum für Ermessens- oder Billigkeitserwägungen. Hat die oberste Dienstbehörde geprüft, ob einer der Tatbestände für die Entlassung erfüllt ist, stellt sie Grund und Zeitpunkt der kraft Gesetzes eingetretenen Entlassung durch zustellungsbedürftigen deklaratorischen Verwaltungsakte gegenüber dem Entlassenen fest. Gegen diesen feststellenden Verwaltungsakt kann der Entlassene nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens Anfechtungsklage erheben.

b) Entlassung durch einseitigen Verwaltungsakt aufgrund von Kannvorschriften
- Beamte auf Probe bei Dienstvergehen, mangelnder Bewährung, Dienstunfähigkeit oder Organisationsveränderungen, § 31 BBG
- Beamte auf Widerruf jederzeit aus jedem sachlichen Grund durch Widerruf, § 32 Abs. 1 BBG

c) Entlassung auf eigenen Antrag, § 30 Abs. 1 BBG (mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt)
Der Beamte kann jederzeit aus dem Beamtenverhältnis auf eigenen Antrag entlassen werden. Eine Vereinbarung, derzufolge der Beamte eine bestimmte Zeit im Beamtenverhältnis bleiben muss, ist unwirksam.
Der Beamte muss einen schriftlichen Antrag auf Entlassung gem. § 30 Abs. 1 BBG stellen. Einer Begründung bedarf der Antrag nicht. Die Erklärung kann, solange die Entlassungsverfügung dem Beamten noch nicht zugegangen ist, innerhalb von 2 Wochen nach Zugang bei dem Dienstvorgesetzten noch zurückgenommen werden. Nach dem Ablauf dieser Frist ist die Rücknahme auch dann noch möglich, wenn die Entlassungsbehörde dem zustimmt.
Die Entlassung ist für den beantragten Zeitpunkt auszusprechen. Sie kann jedoch vom Dienstvorgesetzten solange hinausgeschoben werden, bis der Beamte seine Amtsgeschäfte ordnungsgemäß erledigt hat, längstens jedoch für 3 Monate, § 30 Abs. 2 BBG.
Scheidet der Beamte auf eigenen Antrag vorzeitig aus dem Beamtenverhältnis aus, kann der Dienstherr aufgrund von Rückzahlungsvereinbarungen vom Beamten Leistungen zurückverlangen, auf die er keinen Rechtsanspruch hatte.
Die Entlassung wird grundsätzlich von der Stelle verfügt, die für die Ernennung zuständig wäre, § 33 BBG. Die Entlassungsverfügung bedarf der Schriftform und ist mit einer Begründung zu versehen, § 49 VwVfG. Ein Verfahrensfehler ist nach den Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsrechts zu beurteilen, da hier das Prinzip der Formstrenge nicht gilt.
Da die Entlassung ein belastender Verwaltungsakt ist, muss dem Beamten grundsätzlich Gelegenheit gegeben werden, sich dazu zu äußern. Die Entlassung ist so zu begründen, dass die Verfügung die Gesichtspunkte erkennen lässt, die den Dienstherrn bei seiner Entscheidung geleitet haben.
Der entlassene Beamte verliert mit Wirksamwerden der Entlassung den Anspruch auf Besoldung und Versorgung, § 34 BBG.
Gegen die Entlassungsverfügung ist die Anfechtungsklage zulässig. Schadenersatzansprüche aus Fürsorge- oder Amtspflichtverletzung bei Verzögerung oder fürsorgepflichtwidriger Annahme des Entlassungsantrags sind möglich.


Wichtige Rechtsgrundlagen:
§§ 28 ff. BBG; § 41 BBG


Im Fall der Entlassung werden für die Dauer des Dienstes die Rentenversicherungsbeiträge vom Dienstherrn nachentrichtet und gehen regelmäßig an die Deutsche Rentenversicherung. Die Nachversicherung kann ggf. auch für ein berufsständisches Versorgungswerk erbracht werden. Der Beamte ist in der Rentenversicherung so stellen, als wäre er in der Beamtendienstzeit versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Die Nachversicherung erstreckt sich gemäß § 8 Abs. 2 SGB 6 auf den Zeitraum, in dem die Versicherungsfreiheit oder die Befreiung von der Versicherungspflicht vorgelegen hat (Nachversicherungszeitraum). Die Entrichtung von Nachversicherungsbeiträgen in die gesetzliche Rentenversicherung nach dieser Vorschrift begründet weder aktuell noch für die Vergangenheit eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Nachversicherung dient dem Ausgleich dafür, dass ein Versorgungsanspruch aus einem in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis nicht oder nicht mehr besteht. Es erfolgt übrigens keine Aufteilung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile, so dass der Nachzuversichernde an der Beitragszahlung nicht beteiligt wird. Nachversicherte stehen zwar gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten gleich, eine rückwirkende generelle Gleichstellung der versicherungsfreien Tätigkeit mit einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis, die zur rückwirkenden Versicherungspflicht auch in der gesetzlichen Krankenversicherung führen könnte, hat der Gesetzgeber jedoch weder im SGB VI noch im SGB V angeordnet.

Ist der Nachversicherungsfall eingetreten, erteilt das zuständige Amt für die Versorgung dem entlassenen Beamten und dem Versicherungsträger eine Bescheinigung. Die Bescheinigung enthält die Angaben zur Beschäftigungszeit und das nach Kalenderjahren aufgeteilte beitragspflichtige Einkommen aus dieser Beschäftigung. Die Berechnung der Beiträge erfolgt nach den Vorschriften für versicherungspflichtige Beschäftigte, vgl. § 181 Abs. 1 SGB VI. Die Zeit der Beurlaubung wird grundsätzlich weder als ruhegehaltfähige Dienstzeit noch bei einer späteren Nachversicherung berücksichtigt. Nachversicherungsbeiträge gelten als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge. Durch die Nachversicherung werden ursprünglich rentenversicherungsfreie Beschäftigungszeiten in rentenrechtlicher Hinsicht so behandelt, als hätte von vornherein Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestanden. Eine Auszahlung der Beiträge an die nachzuversichernde Person sieht das Gesetz nicht vor. Zeiten ohne Dienstbezüge können grundsätzlich in die Nachversicherung nicht einbezogen werden. Bei der Nachversicherung muss kein Antrag gestellt werden, sondern der Dienstherr wird von sich aus tätig.

Mit der Entlassung entfallen die Ansprüche auf Beamtenversorgung. Eine Entlassung von Beamten auf Lebenszeit gegen ihren Willen ist in disziplinarischen und/oder strafrechtlichen Fällen (Freiheitsentzug 12 Monate oder mehr) möglich oder bei Dienstunfähigkeit.
Den Dienstherrn trifft bei der Entgegennahme eines formgültigen Entlassungsantrags übrigens grundsätzlich keine allgemeine Verpflichtung, einen Beamten über die Rechtsfolgen einer Entlassung zu belehren. Aus Gründen der Fürsorge kann sich allenfalls dann eine Belehrungs- oder Beratungspflicht ergeben, wenn außergewöhnliche Umstände den Beamten zur Antragstellung veranlasst haben und bei verständiger Würdigung des Sachverhalts anzunehmen ist, dass er den Antrag bei vernünftiger Überlegung nicht gestellt hätte.

Folgen der Entlassung: Nach der Entlassung hat der frühere Beamte keinen Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Neben den Ansprüchen auf finanzielle Zuwendungen wie Dienst- und Versorgungsbezüge entfallen Übergangsgeld, Unterhaltsbeiträge oder die Abgeltung etwaigen Resturlaubs. Wie sich die berufliche Zukunft eines aus dem Dienst entlassenen Beamten gestaltet und welche finanziellen Zuwendungen dieser im Zusammenhang mit seinem neuen beruflichen Umfeld beanspruchen kann, hängt primär von seiner Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt ab und ist dem Einfluss sowie der Zuständigkeitsbereich des bisherigen Dienstherrn entzogen. Ein Arbeitssuchender, der keine Beiträge an die Solidargemeinschaft der Arbeitslosenversicherten geleistet hat, hat auch keine Ansprüche gegen die Versichertengemeinschaft.



Scheidet ein Beamter auf eigenen Antrag aus dem Dienstverhältnis aus, so ist nach dem BVerwG eine vertragliche Zusage seines bisherigen Dienstherrn unwirksam, ihm nach Beendigung der bei einem Dritten im privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnis geleisteten Dienste eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu gewähren.



Anspruch auf Ruhegehalt haben nur Personen, die aus dem Beamtenverhältnis in den Ruhestand getreten sind. Zusicherungen, Vereinbarungen und Vergleiche, die dem Beamten eine höhere als die ihm gesetzlich zustehende Versorgung verschaffen sollen, sind nach dem Gesetz unwirksam. Das gleiche gilt für Versicherungsverträge, die zu diesem Zweck abgeschlossen werden. Jede Abrede ist gegenstandslos, durch die der Dienstherr sich zu einer Versorgungsleistung versteht, zu der er nicht gesetzlich verpflichtet ist. Um eine höhere als die gesetzlich zustehende Versorgung handelt es sich auch dann, wenn einem entlassenen Beamten überhaupt eine Versorgung nach dem Beamtenversorgungsgesetz zugesagt wird, obwohl ihm von Gesetzes wegen keine Versorgung zusteht.

Was aber möglich ist: § 3 Abs. 2 BeamtVG steht nach dem Bundesverwaltungsgericht einer dienstvertraglichen Vereinbarung nicht entgegen, durch die sich der Dienstherr verpflichtet, dem privatrechtlich beschäftigten Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Tätigkeit eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zu zahlen. In diesem Falle ist die Versorgung eine privatrechtlich geschuldete Zahlungspflicht. Lediglich ihr Umfang wäre dann nach beamtenrechtlichen Vorschriften zu bestimmen.

Die Frage, ob ein solcher Anspruch aufgrund einer entsprechenden Abrede besteht, beantworten die Gerichte nach diversen Kriterien. Werden nach dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus den Diensten der privaten Institution von der Beklagten privatvertragliche Rentenzahlungen geleistet oder beamtenrechtliche Versorgungsbezüge förmlich festgesetzt und gewährt? Zu fragen ist, ob der Vertrag synallagmatisch aufgebaut ist, also auch eine Dienstleistung kennt.


Wer beim Verwaltungsgericht klagt und nicht beim Zivilgericht, schafft auch Indizien für die Auslegung solcher Verträge.
Sanne
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Beitrag von Sanne »

Nein, vorallem ist es der Wunsch nach persönlichen Erfahrungen. Es ist viel greifbarer, wenn jemand der persönlich die Erfahrung gemacht hat, aus dem Nähkästchen plaudert. Da kommt viel mehr bei rum. Sicher keine Faulheit!
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Mikesch
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Beitrag von Mikesch »

OT:
Bundesfreiwild hat geschrieben:Ist es die allgemeine Bequemlichkeit, die man heutzutage besonders bei jüngeren Menschen bemerkt, nämlich die Bequemlichkeit, keinen Bock mehr zu haben, längere Texte mal aufmerksam durchzulesen? Man möchte immer die direkte Antwort auf dem Serviertablett präsentiert bekommen?
Mach ich nicht mehr - also müsst ihr lesen, was ich auch gelesen habe:
Dafür habe ich mir schon mal ein "blaues Auge" zugezogen ;-)
Genau so isses! Nicht nur hier ;-)
LG Mikesch
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