Chef bequatscht Ärzte am Telefon

Allgemeine Themen zum Bereich des öffentlichen Dienstes.

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schäferhund
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Chef bequatscht Ärzte am Telefon

Beitrag von schäferhund »

Ein befreundeter Facharzt berichtete mir kürzlich, dass immer wieder mal Personalchefs & Amtsleiter in seiner Praxis anrufen und versuchen, nähere Einzelheiten über krank geschriebene Beamte zu erfahren. Meist versuche man den Mediziner zu überreden, den Staatsdiener noch möglichst lange krank zu schreiben, da man diesen "schwierigen" oder zu kritischen Beamten" so leichter in den vorzeitigen Ruhestand schicken könne. In anderen Fällen wolle man, dass von weiteren Krankschreibungen nach Möglichkeit abgesehen werden sollte, da man ohnehin Personalmangel habe und jeden Mann / Frau brauche. Auch mein Vorgesetzter habe bei ihm schon angerufen, sei aber nach wenigen Sekunden in seine Schranken verwiesen worden.
Der Facharzt meinte, dass er sich von solchen schwachsinnigen Anrufen und Bettelein immer mehr belästigt fühlt und seither sofort den Hörer auflegt. Außerdem wisse doch jeder, dass es eine ärztliche Schweigepflicht gibt.

Frage: Hat jemand hier im Forum einen vergleichbaren Fall erlebt ? Ist das Verhalten der Vorgesetzten überhaupt zulässig ? Wie sieht es bei einer Kontaktaufnahme Personalchef/Amtsarzt aus? Wo bleibt der Datenschutz?
Klaus
Beiträge: 460
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Beitrag von Klaus »

Der Vorgesetzte, der einen Arzt wegen eines Mitarbeiters anruft/ kontaktiert, begeht ein Dienstvergehen. Das darf er nämlich nicht.- Es gibt allerdings Psychopathen, die ihre eigene Vorgesetztenfunktion falsch einschätzen. Sie transportieren ihre Allmachtsphantasien auf das bürgerliche Umfeld.

Kein normaler Arzt würde auch nur ein Wort mit dem "Vorgesetzten" sprechen, es sei denn, der Patient liegt im Koma und es gibt keine Angehörigen. Dann darf der Arzt sagen, dass sein Patient nicht dienstfähig ist. Mehr nicht.

Ich habe meine "Karriere" als Beamter in der Berliner Polizei-Verwaltung begonnen. Es war teilweise amüsant, teilweise bizarr - auf jeden Fall sehr interessant und manchmal auch spannend (die Akten waren natürlich alphabetisch geordnet, die der SEK-Beamten hatten einen roten Punkt, damit man sie nicht erkennt... :D ).

Ein Fall bleibt mir unvergessen:

Ein Vorgesetzter im Polizei- Vollzugsdienst hat sich über eine Krankschreibung eines Mitarbeiters geärgert. Was hat der Mann gemacht?

Er hat sich auf die Lauer gelegt. Er hat quasi die Haustür des Mitarbeiters selbstlos überwacht.

Der "Mitarbeiter" oder einer seiner Familienangehörigen hat das irgendwann einmal bemerkt. Der Mitarbeiter hat sich nicht beschwert, aber seiner Irritation wg. dieses ungewöhnlichen Verhaltens seines Vorgesetzten bei dessen Vorgesetzten Ausdruck verliehen. Schriftlich.

Es brauchte auch keines Personalrates. Der Herr Vorgesetzte bekam eine kalte Dusche und das war es dann auch. Eigentlich ungeeignet als Vorgesetzter. Gedanken von vor hundert Jahren gingen dem offensichtlich durch den Kopf.

Wenn man krank ist, hat man Fieber. Dann muss man das Bett hüten. Nach drei Tagen ist man wieder gesund und alles ist gut.

Aber was wollte der Vollzugsbeamte da "ermitteln"? Selbst wenn er den krankgeschriebenen Beamten hinter den Büschen beobachten konnte, dass er einkaufen geht, hat er damit nichts in der Hand, um in der Sprache der Ermittler zu bleiben. Es gibt krankgeschriebene Beamte, die in der Lage sind, 30 Minuten Dinge des täglichen Befarfs einzukaufen. Jeder hat auch nicht eine Pflegehilfskraft. Das ist ganz normal. Andernfalls müsste eine Klinikeinweisung her.

30 Minuten auserhäuslich zu gehen, bedeutet doch nicht, vollkommen dienstfähig zu sein. Was wär das denn sonst auch für ein seltsamer Dienst...?

Bei bestimmten Krankheiten soll man beispielsweise unbedingt auch mal die Wohnung verlassen. Da ist der Vorgesetzte hinter den Büschen natürlich eher kontraproduktiv.

Was anderes ist der Kollege, der krankgeschrieben im Wirtshaus gesehen wird, ein großes Bier vor der Nase und herzhaft lachend. Das kauft einem keiner ab.

Abschließend ein Wort zum Amtsarzt:

Es gibt in diesem Bereich keine Schweigepflicht. Es gibt durchaus noch Amtsärzt mit Berufsehre, die sich des Schweigens verpflichtet fühlen. Die Landesbeamtengesetzte und das BBG wohl auch sagen aber, dass der Amtsarzt auch ohne Einwilligung detailliert dem Dientsherrn Auskunft erteilen muss.

Ein Hohn gegen jegliche gesetzliche Bestimmungen des Datenschutzes. Für Beamte gibt es den nicht. Wir sind eben etwas besonderes.

Die Ärzte allerdings, die können sich wehren. Und das tun sie auch..

Frohe Ostern!!!
Conny
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Beitrag von Conny »

Ich dachte, ich hätte schon viele kranke Typen in meinem Job erlebt aber das was ihr da erzählt, ist ja schon behandlungswürdig. :roll:
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Bundesfreiwild
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Beitrag von Bundesfreiwild »

Die einzige Info, die der Vorgesetzte evtl. über den Gesundheitszustand seiner Mitarbeiter bekommt, ist die Info vom Mitarbeiter selbst - wenn er bereit ist, sie ihm zu geben.
Das Gutachten eines Amtsarztes gehen nur an den Dienstherrn/bzw. die ihn vertretende Personalstelle (die ist der Auftraggeber für amtsärztliche Gutachten). Selbst dazu muss der "Patient" dem Amtsarzt -mit Unterschrift- von seiner Schweigepflicht entbinden (so läuft es jedenfalls bei der Telekom).

Der Dienstherr muss dann Entscheidungen treffen, die z. B. das Wohl des Beamten betreffen, z. B. ein stehhöhenverstellbarer Schreibtisch. Den direkten Vorgesetzten gehen die Gesundheitsdaten im Einzelnen überhaupt nichts an. Er muss nur die Maßnahmen durchführen, die der Amtsarzt vorschreibt.

Wenn mein Arzt MIR erzählen würde, meine Obermacker würden mir bis zu ihm in die Praxis hinterher spionieren ich würde die direkt anzeigen.
Jm010265
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Beitrag von Jm010265 »

Klaus hat geschrieben: Bei bestimmten Krankheiten soll man beispielsweise unbedingt auch mal die Wohnung verlassen. Da ist der Vorgesetzte hinter den Büschen natürlich eher kontraproduktiv.

Was anderes ist der Kollege, der krankgeschrieben im Wirtshaus gesehen wird, ein großes Bier vor der Nase und herzhaft lachend. Das kauft einem keiner ab.

Warum nicht?
Robert Enke war auch noch 2 Tage vor seinem Tod aktiver Leistungssportler und hat bestimmt noch in der Kabine nach außen hin gelacht!
Obwohl er Jahrelang schwer Krank war.
Niemand kann hinter die Fassade schauen.
MfG Jm010265
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