Vetternwirtschaft?

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DLC
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Vetternwirtschaft?

Beitrag von DLC »

Hallo zusammen,

ich habe vor kurzem in meiner Abteilung eines Landratsamtes etwas erfahren, was mich in meinem Verdacht der Vetternwirtschaft bestätigen könnte, aber ich würde gerne erst einmal eure Meinung hören, wie ihr euch in dieser konkreten Situation verhalten würdet.

In meiner derzeitigen Abteilung bin ich als Sachbearbeiter tätig, wobei es sich hier um eine nach A10 besoldete Stelle handelt.

Ich bin seit 2017 in dieser Abteilung und auch in dieser Behörde tätig. Den Dienstposten nach A10 habe ich seit 2020 inne. Aufgrund sehr guter Leistungen während meiner dienstlichen Tätigkeit, die entsprechenden Beurteilungen spiegeln dies wider, so auch die letzte Beurteilung aus dem vergangenen Jahr, stellt sich für mich die Frage der Beförderung auf einen Dienstposten nach A11.

Ich bin in einer Abteilung tätig, in der es wirklich viel zu tun gibt. Obwohl ich schon lange hier bin, habe ich noch nie ein so hohes Arbeitsaufkommen erlebt. Trotz dieser Arbeitsmenge macht es mir nach wie vor Spaß, mich mit diesem Rechtsgebiet zu beschäftigen und ich denke, die Aussicht auf eine Beförderung nach A11 wäre eine zusätzliche Motivation, aber auch eine "Anerkennung" der bisherigen Leistungen.

Jetzt wird es spannend. Meine Kollegin ist seit letztem Jahr stellvertretende Abteilungsleiterin und hat damit eine Stelle nach A12 inne. Die Stelle nach A11, die sie vorher innehatte, ist nun frei. In einem Gespräch mit dem Leiter unseres Personalamtes konnte ich in Erfahrung bringen, dass dieser Dienstposten weiterhin im Stellenplan unserer Abteilung enthalten ist. Das hat mich zunächst gefreut, weil es mir die Perspektive auf eine Beförderung in der Zukunft eröffnete.

Im vergangenen Jahr habe ich mich bei einer anderen Behörde um eine Beförderung beworben, da mir damals noch von meiner eigenen Abteilungsleitung mitgeteilt wurde, dass man keine Aussage darüber treffen könne, wann die Stelle nach A11 ausgeschrieben werde, da dies mit der derzeit komplizierten Haushaltslage zusammenhänge. Meine Abteilungsleiterin teilte mir mit, wenn die Stelle zeitnah ausgeschrieben würde, würde sie mir raten, mich nicht zu bewerben, sondern hier zu bleiben, um mich zu gegebener Zeit auf die Stelle zu bewerben. Da sie aber nicht wisse, wann die Stelle ausgeschrieben werde, wünsche sie mir alles Gute für meine Bewerbung bei der anderen Behörde, da dort die Chancen auf eine Beförderung größer sei als in meiner Abteilung. Ich war überrascht und konnte zunächst nicht glauben, dass man einen Mitarbeiter, der über einen langen Zeitraum wirklich sehr gute Leistungen erbracht hat, einfach gehen lassen will, anstatt zu versuchen, ihn in der eigenen Abteilung zu halten. In unserer Abteilung gibt es einen enormen Fachkräftemangel, das ist die Ausländerbehörde.

Gut, das waren die Worte meiner Chefin. Ich wollte weiter der Frage nachgehen, warum eine Stelle nach A11, die im Stellenplan steht, einfach nicht ausgeschrieben wird. Meine Chefin argumentierte mit der Haushaltslage.

Vor kurzem habe ich, um dieser Frage nachzugehen, eine E-Mail an mein Personalamt geschrieben und der Leiter des Personalamtes hat mir diese Woche in einem Telefonat bestätigt, dass diese Stelle nur deshalb nicht ausgeschrieben wird, weil man mit meiner Abteilungsleitung, also meiner Chefin und ihrer Stellvertreterin, vereinbart hat, die Stelle nicht auszuschreiben, weil man nicht möchte, dass der in einem Auswahlverfahren unterlegene Bewerber demotiviert werde, seine Tätigkeit weiter auszuüben, wenn man sich nicht für ihn oder sie entscheidet.

In meiner Abteilung gibt es nur eine Kollegin, die als mögliche Bewerberin in Frage käme. Sie wurde im letzten Jahr nach A10 befördert.

Im Vergleich zu mir ist sie noch nicht so lange in unserer Abteilung und auch von der Leistung, von der Fachkenntnis her, ich will mich hier nicht hervorheben, aber da ist sie noch nicht auf meinem Niveau.

Ich habe mich bei Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich ein vertrauensvolles Verhältnis habe, erkundigt, wie ihr ein Auswahlverfahren sehen würdet, wer den Zuschlag bekommen würde. Die Entscheidung fiel auf mich, auch vor dem Hintergrund, dass die Kollegin noch nicht so lange bei uns in der Abteilung ist und mit ihren Leistungen noch nicht an meine heranreicht.

Jetzt hat mir eine vertraute Kollegin gesagt, dass die Kollegin, die letztes Jahr befördert wurde, ihr gesagt habe, dass sie jetzt schon auf einer A11-Stelle "sitze".

Da sind bei mir alle Alarmglocken angegangen. Der Leiter des Personalamtes habe ihr mitgeteilt, dass sie aber noch nicht befördert werden könne, da sie die für eine Beförderung erforderlichen Stehzeiten noch nicht erfüllt habe.

Um zum Abschluss zu kommen. Es fällt mir schwer, das zu akzeptieren, was sich wie ein geplantes Spiel anhört. Mir wird gesagt, man wünsche mir alles Gute für meine Bewerbung, da man zu der A11-Stelle keine Aussage machen könne, wann diese ausgeschrieben wird und der Leiter unseres Personalamtes teilt mir in einem Gespräch diese Woche mit, dass meine eigene Leitung nicht möchte, dass diese Stelle ausgeschrieben wird, um die unterlegene Bewerberin nicht zu demotivieren und dies sei so mit der Leitung vereinbart.

Auch in der Vergangenheit wurde die A11-Stelle oft ausgeschrieben, damals war ich noch auf einer A9-Stelle und eine Bewerbung war somit aussichtslos, da ich auch gewisse Stehzeiten nicht erfülle. Es wurde nie argumentiert, dass man auf eine Ausschreibung verzichtet, weil man jemanden demotivieren könnte. Das ist jetzt der Fall.

Außerdem, jetzt wird mir hier schlecht. Kollegin A und meine Chefin haben ein gemeinsames "teures" Hobby. Meine Stellvertreterin war auch die Ausbilderin von Kollegin A.

Die ganze Konstellation liegt auf der Hand.

Was mich erschüttert ist, dass meine eigene Chefin zu mir, einem langjährigen Mitarbeiter mit sehr guten Leistungen, sagt, sie wünsche mir viel Glück bei der Bewerbung, obwohl ich von meinem Personalchef erfahre, dass alles mit der Leitung abgesprochen ist, warum diese Stelle nicht ausgeschrieben wird. Ich behaupte mal, sie hat mir einfach ins Gesicht gelogen.

Wie würdet Ihr mit einer solchen Situation umgehen?
Vertraute Kollegen haben mir geraten, mich initiativ auf diese Stelle zu bewerben, da ich dann eine Entscheidung bekommen müsste und man gespannt ist, wie die Entscheidung begründet wird.

Die besten Grüße und ein schönes Wochenende Euch.
Mainstream1
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von Mainstream1 »

Du hast dir die Antwort doch mit deiner vorherigen Wegebewerbung schon selbst gegeben und deine Chefin hat es bestärkt, um nicht zu sagen bestätigt....bzw. empfohlen.

Meine Erfahrung: Gegen Vitamin B hilft nur die doppelte Portion Vitamin B.
MS
DLC
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von DLC »

Und ich habe mich auch nur deshalb woanders beworben, weil mir noch gesagt wurde, die A11er Stelle gebe es gar nicht mehr in unserer Abteilung.

Nun sagte mir der Leiter des Personalamtes, es sei ein Versehen gewesen, dass es diese Stelle nicht mehr geben würde, denn es gebe sie noch weiterhin :D

Aus oben genannten Gründen wird diese Stelle nur nicht ausgeschrieben :roll:
HagenKrause
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von HagenKrause »

Ein Pirat sagte mal "Nimm was du kriegen kannst und gib nichts mehr davon zurück"

Wenn die andere Kollegin die A11er Stelle unbedingt bekommen soll, dann wird das Ganze so lange hinausgezögert werden bis es für sie passt, ganz einfach ;-)

Im Bewerbungsgespräch muss sie nur "Grüß Gott" sagen und sticht dich mit deiner jahrelangen Fachkompetenz wahrscheinlich schon aus. Gegebene Antworten unterziehen sich immer einer subjektiven Auslegung und Wertung der Entscheidungsträger. Und die Noten werden bei ihr dann wohl auch passend sein.

Und so lange die ganze Abteilung weiter im Hamsterrad läuft ohne auf die Chefin zu springen, kommt es auf einen Mann mehr oder weniger in deinem Sachgebiet nicht an. Das sind aber auch Dinge, über du dir keine Gedanken machen musst.

Du darfst die Stellen nicht so sehen, dass du jahrelang darauf hinarbeitest und irgendwann bekommst du das. Nicht so wie eine Sprache, bei der du ein Zertifikat nach einem gewissen Lernerfolg erwirbst. Sondern mehr wie eine Börse ... Wenn die eine Aktie im Ar*** ist, switcht du gleich um zur nächsten. Und immer schön mehrgleisig fahren und nicht alles auf ein Pferd setzen! :-D

Wenn ich immer auf die für mich im Umfeld best geeignetste Stelle gesetzt hätte, wäre ich heute noch in A10 oder sogar in E5!
DLC
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von DLC »

Vielen Dank für die aufmunternden Worte.

Ich vermute, die Verantwortlichen hätten nicht damit gerechnet, dass deren Pläne mal auffliegen. Aber wie sagt mein guter Arbeitskollege stets, früher oder später kommt alles raus.

Zwar habe ich nicht gerechnet, dass ich mal eine solche Verhaltensweise aufdecke, aber ich bin jetzt am Überlegen, wie ich damit umgehe. Derzeit habe ich Urlaub, erhole mich gut von der Arbeit, aber ich nehme mir vor, die Verantwortlichen damit zu konfrontieren.

Ich brauche mich doch vor nichts zu schämen. Schämen sollten sich die Leute, die sich sowas ausdenken.
Mainstream1
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von Mainstream1 »

Wenn man das richtige Parteibuch hat, kann man den Landrat ins Vertrauen ziehen. Aber wahrscheinlich haben andere auch das "richtige Parteibuch"....
Ist im kommunalen Bereich alles durchaus üblich....spricht nur niemand gerne drüber.
MS
DLC
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von DLC »

Sehr schwer, denn der Landrat ist ziemlich dicke mit der Abteilungsleiterin.

Man könnte man, das Beziehungsgestell ist gegen mich gerichtet. Bis auf "Gerechtigkeit", die ich nicht aufgebe, habe ich nichts zu bieten.
michelangelo
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von michelangelo »

Bevor ich in Fruehpension ging, habe ich zuerst im Finanzsektor gearbeitet, spaeter dann als Beamter.
Wenn ich den Beitrag hier so lese, musst ich sagen, dass es in der frei Wirtschaft fairer zugeht. Fairer zumindest in dem Sinne, dass nicht so viel geheuchelt wird. Die lieben netten Gutmenschen sind wahre Meister darin, sich an den passenden Stellen einzustecken und Frauen sowieso. Die haben das quasi seit der Antike genetisch im Blut.
Wer gesund in Kopf und Leib bleiben will, macht da nicht mit.
DLC
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von DLC »

Ich kam von der Polizei zu meiner aktuellen Behörde und muss mitteilen, solch schlimmen Verhältnisse, wie hilfreich Vitamin B ist und wie das einen weiterbringt, habe ich erst in der Verwaltung kennengelernt. Aus der Polizei kannte ich das gar nicht.

Die liebsten werden durch befördert und so muss man sich nicht wundern, dass meine Kollegin mit gerade mal 32 Jahren schon Stellvertreterin unserer Abteilung und demnach einen Dienstposten nach A12 innehat.

Hatte einen ehemaligen Kollegen aus der Polizei getroffen, dem ich davon berichtet habe. Er hat sich nur an den Kopf gepackt und mit dem Kopf geschüttelt.

Unter meinem ehemaligen Abteilungsleiter herrschten noch geordnete Verhältnisse in der Abteilung, aber nun, nachdem er weg ist,.....

Zur besseren Übersicht.

Abteilungsleiterin A verabschiedet sich in ca. zwei Jahren in den Ruhestand. Stellvertreterin B wird sicherlich den Posten der Leiterin übernehmen. Dadurch wird die Stellvertreterstelle von Kollegin B frei. Ziel ist es, dass Kollegin C, die vor kurzem erst den Dienstposten nach A 10 bekommen hat, selbstverständlich die Stellvertretung übernimmt.

Wie ich zuvor bereits geschrieben habe, A und C haben ein gemeinsames teures Hobby. B war die Ausbilderin von C. Eine bessere Konstellation kann man sich kaum vorstellen.
Jupiter
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von Jupiter »

Wenn es so ist wie Du schreibst, dann solltest Du beim Personalrat nachfragen, aufgrund welcher Kriterien die Stelle mit der Kollegin besetzt wurde. wurde Art. 33 GG beachtet (Eignung, Leistung, Befähigung)? Der Personalrat hat bei Beförderungen ein Mitbestimmungsrecht und ist ja hoffentlich beteiligt worden?
DLC
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Re: Vetternwirtschaft?

Beitrag von DLC »

Zum besseren Verständnis nochmal. Die A11er Stelle ist derzeit unbesetzt und der Leiter des Personalamtes teilte mit, meine Abteilungsleitung möchte die Stelle nicht ausschreiben, um die oder den unterlegenen Bewerber im Rahmen der weiteren Tätigkeit nicht zu demotivieren.

Für die konkrete Stelle kommt innerhalb unserer Abteilung nur meine Kollegin und ich in Betracht.
Jeder ist sich sicher, dass mit Demotivation die Kollegin gemeint ist.

Und für mich ist das alles so überraschend, dass man eine Kollegin nicht demotivieren möchte, anstatt einem Mitarbeiter - in diesem Fall ich - nicht die Möglichkeit geben möchte, für die bereits erbrachte (sehr) gute Leistung befördert zu werden.

Die Kontaktaufnahme mit dem Personalrat war meine nächster Gedanke.
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