Mein Dienstherr erkennt mit sofortiger Wirkung keine Dienstunfähigkeitsbescheinigungen meines Hausarztes mehr an. Die aktuell verzwickte Lange fing damit an, als sich mein Facharzt (in diesem Fall ein Psychologe mit jahrzehntelanger Berufserfahrung) telefonisch an meinen DH wendete und ihm ordentlich die "Leviten" las. Er meinte, solange der DH sein "mobbingähnliches Verhalten" nicht einstelle, wird man mit einer alsbaldigen Genesung nicht rechnen können. Der Personalreferent sah dies natürlich als Majestätsbeleidigung an und fährt jetzt sämtliche Geschütze auf. Das zentrale Interesse, dass ich als Patient und Beamter alsbald genesen werde, tritt bei dem DH dabei offenbar völlig in den Hintergrund. Die Personalstelle kennt mich nicht einmal persönlich. Ich bin dort nur eine Nummer ....
Jedenfalls wurde ich aufgefordert, die DU durch amtsärztliches Zeugnis nachzuweisen. Hier genau liegt das Problem. Ich habe jetzt in Abstimmung zwischen Hausarzt und Facharzt) eine erneute DU vom Facharzt bescheinigt bekommen, welcher mich noch über Monate für dientunfähig hält. Der Amtsarzt sieht das jedoch ganz anders und "vermutet" (so seine Wortwahl), ich würde den Facharzt nur benutzen, um meine DU zu verlängern. Er missachtet, dass ich bereits ein Jahr in Behandlung bin und meint, sich in einen 30 minütigen Besuch ein Urteil über meine DU bilden zu können, obwohl er mehr mit Bauch abtasten, Knie abhämmern und in den Mund gucken beschäftigt war, als mit einer tiefgründigen psychologischen Untersuchung. Nun konkret meine Fragen?
a) Muß der DH die vorliegenden DU des Psychologen anerkennen, wenn der AA eine andere Meinung hat ? Er lehnt eine weitere Untersuchung u.a. auch deshalb ab, weil er kein Untersuchungsauftrag vom DH hat und somit unklar ist, wer die Kosten für das amtsärztl. Zeugnis zu tragen hat.
b) Was muß ich trotz DU-Bescheinigung des Facharztes tun, wenn der Amtsarzt mich nicht untersuchen will ? Muß ich den Dienst dann antreten, obwohl ich de facto körperlich nicht einmal dazu in der Lage bin ?
c) Ich befinde mich wegen der widersprechenden Begutachtungen in einen Zwiespalt. Welche Begutachtung hat mehr Gewicht - das Urteil eines erfahrenen Facharztes oder eine oberflächliche zweiseitige Stellungnahme des AA gegenüber dem DH ?
d) Wie ist die rechtliche Situation, wenn ich die angeforderte amtsärztliche DU-Bescheinigung als Zusatz zur DU-Bescheinigung des Facharztes nicht beibringen kann, weil der AA mich nicht untersucht, obwohl ich mehrfach um einen termin gebeten habe ?
Danke für Eure Reaktionen, Tipps und Empfehlungen
Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
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Re: Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
Wer ist Dein Dienstherr (Kommune?, Bund?, Land?)? Und über welches Bundesland reden wir, wenn Du nicht beim Bund beschäftigt sein solltest?
Re: Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
Mein Dienstherr ist das Bundesland Sachsen.
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Re: Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
Nach meinem Kenntnisstand kann ein Amtsarzt nicht so einfach das Attest eines Facharztes aushebeln.
Unter der Seite www.frag-einen-anwalt.de wurde ein vergleichbares Thema angesprochen. Einfach mal googeln.
Gruß
Schäferhund
Unter der Seite www.frag-einen-anwalt.de wurde ein vergleichbares Thema angesprochen. Einfach mal googeln.
Gruß
Schäferhund
Re: Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
Danke für den Tipp. Auf www.frag-einen-anwalt.de wurde in der Tat ein vergleichbares Thema angesprochen. Allerdings wurde den dort Ratsuchenden eindringlich eine fachanwaltliche Konsultation empfohlen. Genau in meinem Fall will ich die Hinzuziehung eines Anwaltes vermeiden, weil ich den schon über Jahre andauernden Nervenkrieg seitens des DH kaum noch standhalte. Dem DH ist die Genesung seines Beamten nicht so wichtig. Möchte gern wissen, wer schon mal in so einer vergleichbaren Situation war, dass der Dienstherr amtsärztl. Bescheinigungen anstelle DU-Bescheinigungen anfordert. Wie habt Ihr Euch verhalten ?
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Re: Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
Also zu Deinen Fragen: Einschlägig ist hier § 92 SächsBG.
zu a.: Ja, muss er. § 92 Abs. 2 SächsBG besagt : "Dienstunfähigkeit infolge Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen. Der Dienstvorgesetzte kann die Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt anordnen; die Kosten für diese Untersuchung trägt die Behörde." Insofern stehen die Aussagen des AA und des Psychologen nebeneinander aber nicht übereinander. Der DH hat lediglich das Recht zu überprüfen, mehr jedoch nicht. Interessant wäre es zu wissen welchen Auftrag der Amtsarzt genau hatte. Grundsätzlich gilt für die Feststellung der DU/AU: Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Betroffene auf Grund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen." Zitiert aus den Richtlinien
des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V. Gilt für etwa 70 Million Deutsche die gesetzlich krankenversichert sind, ergo kann der AA an der Definition nicht vorbei.
zu b.: Ich würde den Dienstantritt, sofern Du vom Dienstherrn eine entsprechende Aufforderung erhalten hast, unter Hinweis auf die fortbestehende DU/AU ablehnen und als Nachweis die aktuelle Bescheinigung vorlegen.
zu c.: AA-Gutachten und Bescheinigung des Arzt stehen nebeneinander, keine hat ein höheres Gewicht. Das Gutachten des AA wird in Deinem Fall nur zu Prüfung der Plausibilität angefordert. Die Problematik ist in Deinem Fall das Mobbing. Ich würde noch mal nach der Qualifikation des AA fragen (Internist?, Arbeitsmediziner? etc). Solange er keine Qualifikation "Psychiatrie" vorweisen kann, würde ich auch ganz offiziell die fachliche Fundiertheit der Aussage des AA deswegen in Zweifel ziehen (so nach dem Motto der ist Internist und hat keine Qualifikation für die Psychiatrie). Aber Achtung: Immer sachlich bleiben.
zu d.: Du bist nicht verpflichtet eine AA-Bescheinigung über Deine DU/AU vorzulegen! Die entsprechende Anweisung Deines DH ist schlicht rechtswidrig (Verweis auf die Lektüre des § 92 Abs. 2 SächsBG sollte helfen). Seitens des DH besteht lediglich das Recht die DU/AU vom AA überprüfen zu lassen (das ist das was in § 92 Abs. 2 SächsBG geregelt ist), mehr jedoch nicht.
zu a.: Ja, muss er. § 92 Abs. 2 SächsBG besagt : "Dienstunfähigkeit infolge Krankheit ist auf Verlangen nachzuweisen. Der Dienstvorgesetzte kann die Untersuchung durch einen Amtsarzt oder einen beamteten Arzt anordnen; die Kosten für diese Untersuchung trägt die Behörde." Insofern stehen die Aussagen des AA und des Psychologen nebeneinander aber nicht übereinander. Der DH hat lediglich das Recht zu überprüfen, mehr jedoch nicht. Interessant wäre es zu wissen welchen Auftrag der Amtsarzt genau hatte. Grundsätzlich gilt für die Feststellung der DU/AU: Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Betroffene auf Grund von Krankheit seine zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann. Bei der Beurteilung ist darauf abzustellen, welche Bedingungen die bisherige Tätigkeit konkret geprägt haben. Arbeitsunfähigkeit liegt auch vor, wenn auf Grund eines bestimmten Krankheitszustandes, der für sich allein noch keine Arbeitsunfähigkeit bedingt, absehbar ist, dass aus der Ausübung der Tätigkeit für die Gesundheit oder die Gesundung abträgliche Folgen erwachsen, die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar hervorrufen." Zitiert aus den Richtlinien
des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V. Gilt für etwa 70 Million Deutsche die gesetzlich krankenversichert sind, ergo kann der AA an der Definition nicht vorbei.
zu b.: Ich würde den Dienstantritt, sofern Du vom Dienstherrn eine entsprechende Aufforderung erhalten hast, unter Hinweis auf die fortbestehende DU/AU ablehnen und als Nachweis die aktuelle Bescheinigung vorlegen.
zu c.: AA-Gutachten und Bescheinigung des Arzt stehen nebeneinander, keine hat ein höheres Gewicht. Das Gutachten des AA wird in Deinem Fall nur zu Prüfung der Plausibilität angefordert. Die Problematik ist in Deinem Fall das Mobbing. Ich würde noch mal nach der Qualifikation des AA fragen (Internist?, Arbeitsmediziner? etc). Solange er keine Qualifikation "Psychiatrie" vorweisen kann, würde ich auch ganz offiziell die fachliche Fundiertheit der Aussage des AA deswegen in Zweifel ziehen (so nach dem Motto der ist Internist und hat keine Qualifikation für die Psychiatrie). Aber Achtung: Immer sachlich bleiben.
zu d.: Du bist nicht verpflichtet eine AA-Bescheinigung über Deine DU/AU vorzulegen! Die entsprechende Anweisung Deines DH ist schlicht rechtswidrig (Verweis auf die Lektüre des § 92 Abs. 2 SächsBG sollte helfen). Seitens des DH besteht lediglich das Recht die DU/AU vom AA überprüfen zu lassen (das ist das was in § 92 Abs. 2 SächsBG geregelt ist), mehr jedoch nicht.
Re: Meinungsverscheidenheit Amtsarzt Facharzt
Blue Ice Ultra - Du bist echt Spitze. Recht vielen vielen Dank für Deine sehr ausführliche Antwort.