beihilfe kostenerstattung magenverkleinerung

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T802003
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beihilfe kostenerstattung magenverkleinerung

Beitrag von T802003 »

wie sieht die rechtsgrundlage der beihilfe aus bei der kostenerstattung einer magenverkleinerung aus.

1. adipositas / Übergewicht => Krankheit
2. Behandlung einer Krankheit = med. Notwendig

Wie wird der Begriff der med. Notwendigkeit in Bezug auf eine Magenverkleinerung definiert bzw. bestimmt?

Welche konkrete Rechtsgrundlage gilt hier.

Gefunden habe ich natürlich auch, dass alle konservativen Behandlungen ausgeschöpft sein müssen (Multimodales Konzept)

Bei den gesetzl. Versicherten wird verstärkt die S3 Leitlinie als Beurteilungkriterium herangezogen.

Nach welcher konkreten Rechtsgrundlage wird eine Magenverkleinerung durch die Beihilfe / Gesundheitsamt beurteilt.

Falls es Besonderheiten gibt, in diesem Fall gilt das NRW Recht.

Lg
Blue Ice Ultra
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Re: beihilfe kostenerstattung magenverkleinerung

Beitrag von Blue Ice Ultra »

In der BVO NRW gibt es dazu keine Regelung. Die VV geben dazu auch nichts her. Üblicherweise werden in einem solchen Fall die Regelungen der GKV angewendet bzw. eine amtsärztliche Stellungnahme eingeholt. Im übrigen gilt: Adipositaschirurgie kann immer nur Ultima Ratio sein.
T802003
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Re: beihilfe kostenerstattung magenverkleinerung

Beitrag von T802003 »

Vielen Dank für die Antwort. Leider hatte ich so etwas schon vermutet.

"Üblicherweise werden dann die Regelungen der GKV herangezogen". Nach meiner Recherche sind aber die Regelungen der GKV sehr unterschiedlich. Auf der einer Seite gibt es viele unterschiedliche Urteile und auch "Meinungen/Ansichten" der GKV zu diesem Thema. Auf der anderen gibt es GKV's die versuchen das Thema seriös, objektiv und transparent anzugehen. Mit der "S3-Leitlinie: Chirurgie der Adipositas" (http://www.adipositas-gesellschaft.de/f ... 6-2010.pdf) wurde hier erstmals ein wissenschaftlich fundierte Katalog aufgestellt, der nicht auf Meinungen von GKV Mitarbeitern bzw. von Juristen beruht.

Zum Thema "Ultima Ratio": Wer bestimmt eigentlich, was der "letzten Lösungsweg" ist. Wie oft muss ein Patient eine sogenannte "multimodale konservative Therapie" absolvieren?

Natürlich gibt es ein paar Grundkriterien (BMI >30 / >40, Folgebegleiterkrankungen , etc.) auf die man sich geeignet hat. Für mich als Laien ist es aber unverständlich, wenn ein Arzt ein Gutachten erstellt, der eine Magenverkleinerung als medizinisch Notwendig erachtet und ein andere Arzt dieses ablehnt. Das bedeutet, dass einer der beiden Arzte im Unrecht ist. Ohne objektive und messbare Kriterien wird es immer zu Diskussion bei der med. Notwendigkeit kommen.
Blue Ice Ultra
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Re: beihilfe kostenerstattung magenverkleinerung

Beitrag von Blue Ice Ultra »

In der Medizin gibt es kein "der eine hat Recht der andere nicht". Gutachten eines Arztes der Dein Behandler ist (also von Dir bezahlt wird) werden von der Beihilfe selten akzeptiert. In der Regel läuft es darauf hinaus, das Du durch einen Amtsarzt begutachtet wirst. Beim Amtsarzt wird immer unterstellt das dieser unabhängig und unvoreingenommen eine Sache beurteilt. Insofern werden die Feststellungen des Amtsarztes die Grundlage für die Entscheidung der Beihilfestelle bilden. Eine pauschale Beantwortung Deiner Frage ist also schwer möglich. Du solltest Kontakt mit Deiner Beihilfestelle aufnehmen.
Was die Regelungen der GKV angeht: Üblicherweise werden hier die Regelungen der großen Krankenkassen (z.B. AOK, DAK, TKK) herangezogen. Die S3-Richtlinie ist aber keine Krankenkassenregelung, sondern eine Handlungsrichtlinie innerhalb der Medizin. Deshalb auch die unterschiedlichen Standpunkte der Krankenkassen.
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Bundesfreiwild
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Re: beihilfe kostenerstattung magenverkleinerung

Beitrag von Bundesfreiwild »

Hier mal ein Auszug aus der o.g. Studie:

Für die Indikation zur Operation wird generell ein Versagen einer intensiven konservativen
Therapie vorausgesetzt. Nach eingehender Diskussion hat die Leitthemenkommission den
Begriff “Versagen” durch “Erschöpfung” ersetzt. Die hier aufgestellten Therapieziele basieren
auf Expertenkonsens im Sinne einer “good clinical practice”.
Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten sind erschöpft, wenn durch eine multimodale
konservative Therapie innerhalb von sechs bis zwölf Monaten das Therapieziel nicht erreicht
und gehalten wurde; bei Patienten mit einem BMI von 35-39,9 kg/m² werden 10–20 % und mit
einem BMI über 40 kg/m² 10–30 % Verlust des Ausgangsgewichts [WHO (2000), S. 276]
gefordert. Folgende Beurteilungskriterien sind zu beachten:

1. Art der Behandlung. Ernährung: Möglichkeiten zur Ernährungstherapie sind dann erschöpft,
wenn mittels einer energiereduzierten Mischkost und einer weiteren ernährungsmedizinischen
S3-Leitlinie Chirurgie der Adipositas
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Maßnahme (z.B. Formula-Diät, weitere Form einer energiereduzierten Mischkost) das
Therapieziel nicht erreicht wurde. Bewegung: Durchführung einer Ausdauer- und/oder
Kraftausdauersportart mit mindestens zwei Stunden Umfang pro Woche, falls keine Barrieren
bestehen (z.B. Gonarthrose für Gehsportarten oder Scham beim Schwimmen). Psychotherapie:
Durchführung einer ambulanten oder stationären Psychotherapie (Verhaltenstherapie oder
Tiefenpsychologie), falls eine Essstörung (binge-eating, night-eating) oder eine
Psychopathologie (z.B. Depression, Ängstlichkeit) vorliegt.
2. Dauer der Behandlung: Die genannten Therapiearten müssen mindestens sechs Monate
durchgeführt werden und werden spätestens nach 12 Monaten abschließend beurteilt.
3. Setting: Behandlungen zum Lebensstil sollten nach Möglichkeit in der Gruppe (Leitung
idealerweise durch Fachpersonal) erfolgen.
4. Primäre Indikation: Lassen Art und/oder Schwere der Krankheit bzw. psychosoziale
Gegebenheiten bei Erwachsenen annehmen, dass eine chirurgische Therapie nicht aufgeschoben
werden kann oder die konservative Therapie ohne Aussicht auf Erfolg ist, kann in
Ausnahmefällen auch primär eine chirurgische Therapie durchgeführt werden; die Indikation
hierzu ist durch einen in der Adipositastherapie qualifizierten Arzt und einen bariatrischen
Chirurgen gemeinsam zu stellen. Damit hat die Leitlinienkommission ein weiteres
Beurteilungskriterium nach eingehender Diskussion präzisierend in die neuen Leitlinien
aufgenommen, nämlich der Begriff der geringen Erfolgsaussicht der konservativen Therapie.

Wenn man die Studie mal ganz liest, wird darin festgestellt, dass genau das eintritt, was eigentlich immer eintritt: Konservative Diät- und Bewegungstherapie nützt - vor allem auf die Dauer - bei extrem übergewichtigen Menschen ÜBERHAUPT NICHTS. Weil eben kein Mensch es schafft, mehrere Jahrzehnte seines Lebens immer weniger zu essen, als er Hunger hat und in unserer heutigen Überflutung mit Ernährungangeboten auch immer "nein" sagen kann.

Die typischen Diät-Akte wurden von meiner Diabetologin sogar als schädlich bewertet, da sie gerade bei Insulinresistenzen und bei einem schon eingetreteten Stoffwechsel-Chaos nicht helfen und die Lage sogar noch verschlimmern. Jojo-Effekt sag ich da nur. Und man stelle sich mal einen Menschen mit massiven Übergewicht vor, der etwa Laufen soll, oder Fahrradfahren, der kippt entweder mit nem Herzkasper vom Rad, wenn er auch nur in die Nähe von Fettverbrennung kommt oder kann wegen seiner Körpermassen den Sport nicht mal ausüben. Schwimmen mit massiven Übergewicht? Wer will sich schon psychologisch gesehen auch noch der massiven Kritik so ziemlich aller anderen im Schwimmbad aussetzen?
Und... wie in der Studie erwähnt, macht Psycho-Therapie auch meist wenig Sinn, weil die Gruppe keinen größeren Psychoknall hat, als andere.
Macht evtl. nur dahingehend Sinn, die Abnehmwilligen in einer psychologischen Unterstützungsgruppe zu begleiten, damit sie die Motivation nicht verlieren.

Ich denke, wenn jemand schon in relativ jungen Jahren auf irgendeinem Weg zu massiven Übergewicht gekommen ist, wird er das mit konventionellen Diäten nicht in den Griff bekommen, weil die Stoffwechselsituation völlig aus dem Rahmen gelaufen ist. Es sei denn, man kann wirklich nachvollziehen, dass der Mensch jeden Tag 5000 Kalorien nachschiebt. Wobei das auch schon aus einer medizinischen Fehlfunktion herrühren kann.

Ich würde dir persönlich jetzt mal was raten: Eine Magenverkleinerungs-OP ist ein wirklich schwerer Eingriff, der auch schief gehen kann.
Vielleicht startest du nochmal eine Abnehmaktion, mit einer kohlehydratfreien Diät (da rate ich - mal über die Atkinsdiät nachzudenken - wobei man die auch fettarm durchführen kann und sollte. Egal wie, es dürfen keine Kohlehydrate dabei sein. Dann geht der dauernde Hunger weg und man kommt erstmal wieder zu vernünftigen Ess-Mengen, was bei vielen dann allein schon zu Gewichtsabnahmen führt).

Ich weiss nicht, ob du schon mal in einer diabetologischen Schwerpunktpraxis warst. Ich rate dir unbedingt dazu, weil viele "normale" Ärzte und auch die angeblich so tollen Diätberater - von Stoffwechselproblemen von schwer übergewichtigen Menschen keinen Plan haben, stur ihre Kalorien und Fett zählen und auch noch Kohlehydrate in der Diät bevorzugen - was in der Regel dann zu Null Ergebnis führt.

Der Aufhänger für eine Diät sollten Blutuntersuchungen sein, die die Leberwerte, Blutfettwerte, Zuckerwerte aufgeschlüsselt darstellen, daraus kann man ziemlich genau erkennen, wo die wirksame Brechstange bei einer Diät anzusetzen wäre.

Falls du dich dennoch zur OP entscheiden möchtest, kann dir nichts im Weg stehen (wenn du sie selbst bezahlst). Die KKasse/Beihilfe dazu zu bringen..., da muss der Arzt schon BE-schreiben, was alles gemacht wurde und womit man gescheitert ist.
Aber wie gesagt, das Scheitern ist in der Regel vorprogrammiert, weil die Genetik oder die bereits eingetretenen Stoffwechselprobleme das Abnehmen sogar verhindern.

Du kannst mich gerne mal per PN anschreiben, mir vielleicht mal deine Blutwerte zur Kenntnis geben. Ich bin zwar keine Ärztin, habe aber in 35 Jahren Gewichtskampf, seit Beginn der Cortisontherapien vor 30 Jahren und ihren Folgeerscheinungen, so viel gelesen und analysiert, dass ich bei dem Thema so manchen Allgemeinmediziner leicht in die Tasche stecken kann.
Dann können wir uns vielleicht mal konkreter darüber unterhalten.
Wie gesagt, ich schreibe dir das hier, weil die OP wirklich die letzte Alternative sein muss - wegen dem Risiko.

Und ich stehe insofern voll hinter dir, dass ein Leben mit massivem Übergewicht kein wirkliches Leben IST. Die paar Jahre, die man vielleicht früher stirbt, sind nicht das Problem, aber die vielen Jahre, die man nicht mit sich und der Welt im Einklang lebt, braucht man nicht.
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