In den öff. Dienst ja oder nein ? / Eine Entscheidungshilfe
Verfasst: 1. Apr 2014, 13:21
Hier ein Bericht des Kollegen Tiefenseer aus einem anderen Faden.
Natürlich gibt es immer wieder Dienststellen, die sind Top,
aber leider gibt es auch die Kehrseite. Du wirst verheizt bis get no !
Und genau so kann es dir in der freien Wirtschaft ergehen.
Alles im Leben hat zwei Seiten,
Ente oder trennte
Hop oder Top
...
Die Entscheidung kann euch keiner abnehmen, auch hier im Forum nicht
Gruß
arme Sau
quelle: http://www.beamtentalk.de/post35778.html#p35778Hallo,
als "Neuer" in diesem Forum und in dieser Runde habe ich mir den Spass gemacht und die bisherigen 6 (!!!) Seiten Beiträge zu lesen.
Es ist sehr interessant zu lesen, wie der/die eine oder andere sich mit dieser Frage auseinander setzt.
Die Frage nach dem "ja" oder "nein" kann ich für mich nicht so einfach beantworten.
Zumal ich als Kind des Ostens in das Beamtentum gerutscht bin und deren Bedeutung bis zu meiner eigenen Verbeamtung nur vom hören sagen kannte und auf keinerlei längerfristigen Erfahrungen zurück greifen konnte. Sicherlich hatte ich zu dieser Zeit bereits zwei Jahre lang Kollegen aus dem Westen um mich, die mir ihre Motivationen zum Beamtentum erzählten. Das waren aber eben nur persönliche Motive.
Die wahren Vorzüge, welches einem Beamten nachgesagt wurden, erlebte ich so nicht.
Ich hatte Spass an meinem Job und war mit Leib und Seele Polizist.
Doch um mich herum bemerkte ich, dass bei dem einen oder anderen der Haussegen schief stand, wegen unseres Jobs. So mancher Kollegen aus dem Osten verlor seine Ehefrau wegen des aufreibenden Dienstes. Auch von meiner Frau hörte ich, dass ich ja mehr mit meinem Kollegen zu sammen sei, als mit der Familie. Die Nerven lagen deshalb oft blank und standen unter einer sehr harten Bewährungsprobe.
Anfänglich nahm ich das als eine anstengende und kurzzeitige Phase als Ausrede.
Doch ich mußte feststellen, dass das eine Dauerphase wurde.
Überstunden im dreistelligen Bereich innerhalb eines Quartals wurden zur Normalität. In manchen Jahren hatte ich durch meine Ü-Std. mehr Freizeit als durch meinen Jahresurlaub. Und doch blieb es nur theoretisch, weil ein Abbau der Ü-Std. sich nur mit erheblichen finanziellen Verlusten durch Bezahlung reduzieren ließ.
Zusätzliche Dienste schmälerten das geringe Freizeitbudget und an Feiertagen befand man sich in der Regel im Dienst statt bei der Familie. Im Freundeskreis wurde nicht gefragt, was machen wir Ostern, Pfingsten usw. - sondern was sagt Dein Dienstplan...
Innerhalb weniger Jahre wurde unserer Polizeiabschnitt zu einem Schwerpunktabschnitt eingestuft und die dafür erforderlichen Beamten blieben aus. Gleichzeitig erfolgten die ersten Einsparungen, u.a. Kürzung des Weihnachtsgeldes. Die Arbeitszeit wurde um 1,5 Stunden pro Woche angehoben, An-und Abfahrten für Sonderdienste wurden gestrichen und eine Reihe weiterer bis dahin verbindlicher Dinge wurden regelrecht weg radiert. Hinzu kam, dass Ausrüstungsgegenstände ohne finanzielle Unterstützung des Dienstherren von uns selbst finanziert wurde - schließlich hatten wir unsere Familien versprochen lebend wieder nach Hause zu kommen.
Und - wir hatten einen 12/24 Stunden Dienst, d.h. 12 Std. Tag dem folgten am drauffolgenden Tag 12 Std. Nacht - Schlaftag-Frei und dann gings wieder von vorn los.
Hier pünktlich nach Hause zu kommen war ein Glücksfall. Ein Verkehrsunfall kurz vor Feierabend, ein Einbruch, eine Schlägerei oder was auch immer in einer großen Stadt, machten die Feierabendpläne schnell zu nichte.
Von durchschnittlich 11 (festgelegten) freien Tagen im Monat gingen 2 für Fortbildungen drauf. Durch Zusatzdienste wie Staatsbesuche/Demos/Häuserräumungen/Sondereinsätze und was weiß ich nicht noch alles - kamen 3 bis 5 weitere freie Tage in die Opferschale. Es gab kein reguläres komplettes freies Wochenende von Freitagabend bis Sonntagabend.
Dann mußte ich erleben, wie Kollegen(innen) im Dienst verunfallten und wie mit ihnen umgegangen wurde. Als Louser eingestuft, als Warmduscher beschimpft, weil sie einen "auf Krank" machten.
Ich selbst erlitt innerhalb weniger Jahre ein halbes dutzend Dienstunfälle. Ich wurde von meiner Familie gescholten, weil ich früher meinen Dienst auf nahm, um nicht von den Kollg. verspottet zu werden, obwohl ich noch garnicht fit war.
Bis dann ein unverschuldeter Verkehrsunfall im Dienst meine berufliche Zukunft von jetzt auf gleich völlig veränderte.
6 Moante zu Hause - in dieser Zeit hatte keiner meiner Vorgesetzten die Zeit, mal zu fragen, wie es mir geht - nein - es wurde regelrecht verlangt - melde Dich mal einmal die Woche wie es dir geht....
Mit dem Beginn des Hamburger Modells hörte ich wieder und wieder ...hab dich mal nicht so...OHNE zu wissen, was ich tatsächlich für Folgen aus dem Unfall habe und hatte...
2,5 Jahre hat es gebraucht - und wieder und wieder mußte ich mich in dieser Zeit rechtfertigen, dass ich den Unfall nicht zum Anlass für eine Pensionierung nutze - um endlich einen modifizierten AP zu bekommen.
Das hieß 2,5 Jahre als Innendienstkanker geführt zu werden, keine Möglichkeit zu haben sich für irgend etwas zu bewerben. Wegen meiner ungeklärten Verwendung wurde eine Beförderung zurück gezogen.
Seitens des Ärztl. Dienstes wurde recht zeitnah signalisiert, dass man die Folgen des Dienstunfalles nicht anerkennen wolle, da nach ihrer Auffassung alles nach 4-6 Wochen ausgeheilt sein müsse. (Heute weiß ich, dass die medizinischen Scharlatane durchweg ihre Daseinsberechtigung im öffentlichen Dienst gefunden haben - in einer Klinik hätten sie mit ihrer beruflichen Einstellung keine lange berufliche Lebenserwartung)
Dann, wie so oft in der Vergangenheit, Umstruktuierungen, die auch meinen AP betrafen. Ich verließ unfreiwillig meine Dst. und ging in ein Fachreferat- was sich schnell als eine Ansammlung von "durchgenknallten Fachwissenden" heraus stellte. Wie auch immer hielt es sich nicht einmal 2 Jahre. Denn niemand hatte geprüft, ob denn auch die finanziellen Mittel für dieses Referat vorrätig sind. So schnell es entstand - so schnell verschwand es.
Mit dem verschwinden war auch mein modifizierter AP verschwunden.
Alle bisherigen Beschwichtigungen und das "sogenannte Honig ums Maul" schmieren vieler gewichtiger Vorgesetzter war mit einmal vergessen. Ich fühlte mich wie die berühmte heiße Kartoffel fallen gelassen.
Verschärft wurde alles noch, dass ein aufstrebender junger Beamter im höheren Dienst, der auch noch mein Chef war, mit Krüppeln wie mir nichts anfangen konnte. Menschen die nicht seinen Leistungsansprüchen genüge wurden, wurden versetzt. Leider wollte aber niemand anderer einen Krüppel wie mich. Also die Konsequenz - vorzeitig Pensionierung. Heißt 15 Jahre früher von der beruflichen Bühne abschied nehmen.
Das Ende meiner beruflichen Karriere mit einer Pension, die fiannzielle Einbußen von monatl. runde 1.000 Euro bedeuteten und ein kompletter Entzug des sozialen Umfeldes. Was will man mit einem Krüppel sich auseinander setzen, der doch nicht mehr in den eigenen Reihen steht.
Im weiteren Verlauf eine Klageabweisung um Anerkennung der Folgen meines Dienstunfalles, einen Personalrat der sich näher ist als für seine Kollegen da zu sein.
Heute mit einem Abstand von mehr als einem halben Jahrzehnt - bin ich zu frieden über den heutigen Zustand. Das Leben ist leider keine Autobahn und alles im Leben geht nicht freibungslos von Statten. Zwischenzeitlich habe ich mein Leben geordnet, habe kein "Heimweh" für meine Polizeiarbeit, keinen Bezug mehr zu den polizeilichen Aufgaben und ertappe mich wieder und wieder, dass mir mehr und mehr Wissen aus dieser Arbeit verloren gegangen ist.
Doch noch einmal zum Beamtentum hin reißen lassen?...Kopf kratz....
Trotz vorzeitiger Pensionierung wird mein Leben - und das Forum ist voll von Beispielen - durch Gesetzgebung und dem Dientherren reglementiert. Die Werte eines Menschen und deren abfälliger und schäbiger Umgang damit kommen nirgend so drastsich zum Vorschein, wie im öffentlichen Dienst.
Ein Kollege aus dem "Westen" hat mir mal gesagt, die Ellenbogenmentalität ist nirgend so ausgefeilt, wie im öffentlichen Dienst.
Er hat weise Worte von sich gegeben.
Ich möchte mit einer letzten Anmerkung schließen.
Meine Tochter wollte in Vaters Fußstapfen treten und auch Polizistin werden. Meine Frau und ich konnten es ihr ausreden.
Heute hat sie einen verantwortungsvollen Job, mußte nicht dafür studieren, hat an WE und Feiertragen frei, muß keine Ü-Std. unentgeldlich leisten - und - hat ein besseres Einkommen, wie eine gleichaltrige Beamtin.
Ach so - da bleibt ja noch die Beantwortung der Frage - unter den heutigen Bedingungen, dem skrupellosen "Verheizen" von etwas sehr wertvollen -Lebenszeit- kann ich mir eine Verbeamtung nicht vorstellen.
In diesem so gerne gerühmten Grundgesetz (welches international keine Verfassung darstellt) wird über die Würde des Menschen über deren freie Entfaltung und dem Anspruch von Gleichbehandlung gesprochen....sie ist nicht besser wie in der ehemaligen DDR...sie ist eher perfider und skrupelloser in der Verletzung des Grundrechtsanspruch eines Einzelnen.
In diesem Sinne alles gute
Natürlich gibt es immer wieder Dienststellen, die sind Top,
aber leider gibt es auch die Kehrseite. Du wirst verheizt bis get no !
Und genau so kann es dir in der freien Wirtschaft ergehen.
Alles im Leben hat zwei Seiten,
Ente oder trennte
Hop oder Top
...
Die Entscheidung kann euch keiner abnehmen, auch hier im Forum nicht

Gruß
arme Sau