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Rufbereitschaft ohne Anordnung !?
Verfasst: 15. Jan 2014, 08:37
von Madita
Hallo,
in unserer Behörde in NRW hat der Dienstherr einen wunderbaren Weg gefunden, Geld zu sparen:
Statt für dringende Tätigkeiten außerhalb der Dienstzeit eine Rufbereitschaft anzuordnen, werden die Beamten einfach in ihrer Freizeit angerufen (auf Privathandy / Festnetz oder einem kostenlos bereit gestellten Diensthandy) oder zuhause aufgesucht. Und wenn man den Beamten erreicht (wovon der Dienstherr im Regelfall ausgeht, es sei ja ein Beamter), soll er den Dienst sofort übernehmen (dafür erhält er insoweit Überstunden).
Dieses Verfahren ist nicht schriftlich niedergelegt, nur mündlich !
Wenn der Beamte nicht erreichbar ist (z.B. Handy ausgeschaltet), vergeltet der Dienstherr dies mit miesen Schikanen, z.B. die Genehmigung von Urlaub wirde verzögert, usw.
Was würdet Ihr unternehmen, um dieser Machenschaft des Dienstherrn auszuhebeln ? Der Personalrat unternimmt leider nichts dagegen.
Re: Rufbereitschaft ohne Anordnung !?
Verfasst: 15. Jan 2014, 10:55
von Der Blaue
Solche Praktiken sind nicht auf NRW beschränkt ...
Ich würde zuerst das persönliche Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen und je nach Reaaktion viele dann der nächste Schritt aus ...
Der Weg zum Fachanwalt sollte es Dir auf jeden Fall wert sein.
Ich denke mal "aushebeln" kannst Du da nix ... denn die nächste Beurteilung kommt bestimmt
Re: Rufbereitschaft ohne Anordnung !?
Verfasst: 15. Jan 2014, 11:08
von Madita
Alles schon lange und breit mit dem Vorgesetzten besprochen. Er ändert nichts daran.
Die Beurteilung ist mir egal, habe eh praktisch keine Perspektiven mehr.
Was ich brauche ist etwas Schriftliches, damit meine Rechtsschutzversicherung die Kosten des Anwalts auch übernimmt. Der Dienstherr vermeidet Schriftliches aber wie der Teufel das Weihwasser...
Hat jemand eine Idee, wie man eine schriftliche Auskunft vom Dienstherr erzwingen kann ?
Re: Rufbereitschaft ohne Anordnung !?
Verfasst: 15. Jan 2014, 12:28
von Bundesfreiwild
Ich würde es mal über den Personalrat/Betriebsrat versuchen, denn der ist DEFINTIV bei allen Arbeitszeitangelegenheiten in der MITBESTIMMUNG.
Der PR/BR wäre hier also gefordert, die Durchführung der rechtlichen Grundlagen seitens des Arbeitgebers einzufordern, ggfs. eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber/Dienstherr zu treffen, wie das in der Behörde ganz genau gehandhabt werden MUSS.
Rufbereitschaftsdienst ist Dienst. Dafür gibt es normalerweise einen Rufbereitschaftsdienstplan. Auch ein Beamter hat einen Anspruch auf Freizeit, in der er NICHT verfügbar sein muss.
Abschnitt 6 NeuAZRegPolD – 6. Rufbereitschaft
Rufbereitschaft liegt vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte frei von jeder dienstlichen Tätigkeit in ihrer oder seiner Häuslichkeit bzw. - falls der Zweck der Bereithaltung nicht entgegensteht - an einem anderen von ihr oder ihm anzuzeigenden Ort ihrer oder seiner Wahl aufhalten kann, um bei Bedarf zur Dienstleistung abberufen werden zu können.
Zeiten einer Heranziehung zur Dienstleistung (einschließlich Wegezeiten) werden auf die regelmäßige Arbeitszeit und beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen als vergütungsfähige Mehrarbeit angerechnet.
Die Zeit der Inanspruchnahme durch Rufbereitschaft ist zu 12,5 v.H. auf die Arbeitszeit anzurechnen; sie ist durch Freizeitausgleich abzugelten.
Im übrigen bleiben die unter Fürsorgegesichtspunkten getroffenen Regelungen zu § 87 NBG unberührt.
Nähers zu Rufbereitschaft
Rufbereitschaft liegt vor, wenn Bedienstete in ihrer dienstfreien Zeit jederzeit erreichbar und so rasch wie möglich zum Antritt ihres Dienstes bereit sind.
(Wenn jemand nun aber übers Wochende mal verreist ist und sich grad in Südfrankreich befindet, sollte sich der Dienstherr überlegen, ob er den Beamten zum Dienstantritt zwingen will. Anrufen darf er ihn und SO RASCH wie möglich muss der Beamte auch kommen, wenn er denn muss. Die Kosten in Arbeitszeit, Wegezeit und Fahrtkosten hat der Dienstherr aber überwiegend zu tragen. Es beeutet nicht, dass der Beamte sich in Rufbereitschaft zu Hause oder in Dienstortnähe aufhalten muss.
Er muss nur den Anruf des Dienstherrn annehmen und so schnell wie möglich kommen, denn:
Der Aufenthaltsort kann entgegen der Arbeitsbereitschaft frei gewählt werden.
Rufbereitschaft gilt nicht als Dienstzeit. Werden Bedienstete im Rahmen einer Rufbereitschaft zum Dienst herangezogen, so gilt die Zeit, während der/sie Dienst versehen haben als Dienstzeit. Ist der Dienst an der Dienststelle zu versehen, sind zwei Drittel der Fahrzeit vom Aufenthaltsort zur Dienststelle und zurück als Dienstzeit zu berücksichtigen.
In Ruhezeiten ist die Ableistung von Rufbereitschaften möglich. Wird jedoch ein Mitarbeiter, der sich in seiner Ruhezeit in Rufbereitschaft befindet, zum Dienst gerufen, so zählt diese Zeit zur Arbeitszeit und ist zur wöchentlichen Arbeitszeit hinzuzurechnen.
Erfolgt ein Einsatz in der täglichen Ruhezeit, so beginnt nach Abschluss des Einsatzes eine neue 11stündige ununterbrochene und unmittelbar zu gewährende Ruhezeit zu laufen. (Bedeutet: Falls man tatsächlich zur Dienstleistung gerufen würde und der Einsatz evtl. bis 4 Uhr morgens dauerte, dann dürfte der Beamte erst wieder frühestens um 15 Uhr zur nächsten Dienstschicht antreten!!!)
Auch während der wöchentlichen Ruhezeit ist die Leistung von Rufbereitschaften möglich. Rufbereitschaft darf nur höchstens zehn Tage im Monat vereinbart werden (also durchschnittlich jeden dritten Tag). (Hier der Schwerpunkt auf dem Wort "vereinbart". Es muss also ein Rufbereitschaftsplan gemacht werden, wann wer Rufbereitschaft zu leisten hat. Es kann NICHT sein, dass jemand PERMANENT in seiner gesamten Freizeit zum Dienst gerufen werden kann!)
§ 6a beschränkt jedoch die Anzahl der Rufbereitschaften während der wöchentlichen Ruhezeit auf zwei pro Monat. Zusätzlich steht dem Mitarbeiter für diese Zeit ein Anspruch auf Ersatzruhe gemäß § 6 ARG zu, die auf die Arbeitszeit der folgenden Woche anzurechnen ist.
Die Ersatzruhezeit hat grundsätzlich unmittelbar vor Beginn der folgenden wöchentlichen Ruhezeit zu liegen.
Die Möglichkeit der Leistung von Rufbereitschaften wird daher durch das KA-AZG und das ARG mehrfach beschränkt:
1. Ist die Einsatzzeit inklusive der An- und Abreisezeit (wird zu zwei Drittel angerechnet) als Arbeitszeit zum voran gegangenen Dienst, sowie zur wöchentlichen Arbeitszeit hinzuzurechnen. (Wenn jemand in seiner Freizeit/Ruhezeit - mit Rufbereitschaft - statt an seinem Wohnort Köln sich gerade an der Nordsee befindet, sind die 2x4 Std Fahrzeit von der Nordsee zum Einsatzort eben vom Arbeitgeber zu 2/3 zu erstatten (Reisekosten) und die geleistete Arbeitszeit aufs Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Oder wie auch immer wer die Arbeitszeiten notiert.
2. Bei Rufbereitschaften in der täglichen Ruhezeit beginnt die tägliche Ruhezeit nach Beendigung eines Einsatzes neu zu laufen.
3. Bei Rufbereitschaften in der wöchentlichen Ruhezeit erwirbt der Mitarbeiter für die Dauer seiner Einsätze Anspruch auf Ersatzruhezeiten nach § 6 ARG,
4. Falls die Ruhezeit in eine dienstplanmäßige Dienstzeit fällt, sind die in die Ruhezeit fallenden Stunden vom Rechtsträger zu bezahlen.
Rechtliche Beurteilung:
In der Entscheidung 9Oba 53/92 = ArbSlg 11.018 hat der Oberste Gerichtshof klargestellt, dass es sich beim Bereitschaftsdienst in Form der Rufbereitschaft, bei der der Dienstnehmer nicht an der Arbeitsstätte selbst oder in deren unmittelbarer Umgebung anwesend zu sein hat, sondern seinen Aufenthaltsort wählen kann und den Dienstgeber davon unterrichten muss, wo er erreichbar ist, nicht um eine Arbeitsleistung handelt, sondern um eine andere Leistung, die der Dienstnehmer nicht aufgrund der ihn treffenden allgemeinen Treuepflicht zu erbringen hat, sondern ausdrücklich vereinbart werden muss!!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
AUCH ein BEAMTER hat das Recht darauf, bestimmen zu können, wo er sich in seiner Freizeit aufhält und auch wirklich Freizeit zu HABEN, dass er NICHT zum Dienst herangezogen werden kann.
Wie gesagt: Der Dienstherr muss sich an die gesetzlichen Regelungen halten, die auch für Beamte gelten.
In einem Gespräch mit dem Vorgesetzten sollte man unbedingt einen Personal/Betriebsrat mitnehmen (mit dem man vorher das Thema besprochen hat). Grund und Ziel eines solchen Gespräches MUSS sein, dass die Rufbereitschaften organisiert werden, sich die Anzahl der Rufbereitschaften an die gesetzlichen Regeln halten UND geregelt wird, wann man nach einer evtl. durch Rufbereitschaft entstandenen Dienstzeit den nächsten Dienst anzutreten hat.
Außerdem ist zu regeln, wie die durch Rufbereitschaft entstandenen Fahrtkosten und Wegezeiten und Arbeitszeiten verbucht und erstattet werden.
Es gibt auch bei diesem Thema KEINE Willkür!
Ich habe jetzt aber auch nirgendwo gelesen, WIE die Rufbereitschaft angeordnet werden muss - mündlich oder schriftlich. Da aber die gesetzlichen Regelungen so sind, dass eben Fahrtkosten und Reisezeiten, sowie die durch Rufbereitschaft entstandene Arbeitzeit korrekt gebucht und bezahlt werden muss, muss es für den Beamten natürlich einen "Marschbefehl" geben, der die Grundlage z.B. für eine Reisekostenabrechnung darstellen würde. Mündlich zählt bei einem Reisekostenantrag in der Regel nicht. Außerdem ist es meiner Meinung auch ein Frage der Versicherung. WENN sich der Beamte durch eine Rufbereitschaft auf den Dienstweg macht, ggfs. eine längere Fahrt als normalerweise von seinem Wohnort aus zum Dienst machen muss, dann muss auch KLAR sein, dass er sich ab dem Beginn dieser außerplanmässigen Dienstzeit IM DIENST befindet. Sobald unterwegs was passiert - Autounfall, Flugzeugabsturz, etc. - dann gelten natürlich weitere Regeln des Dienstrechts zu einem DIENSTunfall.
Eine Rufbereitschaft mit Antritt zum Dienst kann einen Rattenschwanz hinter sich herziehen.
ICH bewege mich NIRGENDWOhin ohne SCHRIFTLICHEN Marschbefehl. Im Zeitalter von e-Mail, Smartphone, etc. dürfte es kein Problem sein, eine "schriftliche" Anweisung zu schicken.
Nachher knallt mir ein LKW in die Kiste auf der Fahrt zum Dienst in Rufbereitschaft und nachher will keiner eine Anordnung gegeben haben. NÖNÖÖÖÖ!
Re: Rufbereitschaft ohne Anordnung !?
Verfasst: 15. Jan 2014, 13:20
von Madita
Danke, Bundesfreiwild, Du sprichst mir aus der Seele!!! Werde dann notfalls einen Anwalt einschalten.
Re: Rufbereitschaft ohne Anordnung !?
Verfasst: 16. Jan 2014, 12:13
von Bundesfreiwild
Ich schreibe dir noch was über PN.