Seite 1 von 1

Amtsarzt: wie weit gehen die Befugnisse?

Verfasst: 18. Sep 2012, 15:15
von Beamter77
Hallo zusammen!

Mich würde mal interessieren, wie weit die Befugnisse eines Amtsarztes gehen.

Folgende Situation:
Der Beamte wird seit ca. einem Jahr durch seinen behandelten Arzt (für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie) aufgrund einer Depression krank geschrieben und befindet sich bei ihm in einer Therapie. Außerdem nimmt er Tabletten und möchte demnächst eine teil-stationäre Klinik besuchen.

Nun ergab der Besuch beim Amtsarzt folgendes Ergebnis:

Der Krankheitszustand wird angezweifelt.
Es wurde angeraten, das Medikament abzusetzen.
Von einem Aufenthalt in einer "TageskliniK" wird abgeraten, da dies nicht als förderlich angesehen wird.
Das Hamburger Modell vorgeschlagen und eine rasche Eingliederung angeordnet.
Außerdem sollen die AU-Bescheinigungen des Arztes nicht mehr anerkannt werden.
Eine Streichung der Bezüge, bei Verweigerung oder weitere Krankmeldung, wurde in Aussicht gestellt.

Ist dies möglich? Kann ein Amtsarzt nach einem Gespräch von ca. 30 Minuten festlegen, dass jemand dienstfähig ist?

Bitte nur ernst gemeinte Antworten!

Danke!!

Re: Amtsarzt: wie weit gehen die Befugnisse?

Verfasst: 18. Sep 2012, 20:01
von Kater-Mikesch
Hallo und guten Abend,

also dieser Amtsarzt war auf jeden Fall kein Facharzt - vermutlich Allgemeinmediziner...
Wenn dein behandelnder Facharzt eine Teilstationäre Maßnahme vorschlägt, dann gehe ich mal
davon aus, dass das in Ordnung ist - ansonsten würde ich der Telekom mitteilen, wenn Sie dieser
Maßnahme nicht zustimmen (eine Zustimmung ist grds. sowieso nicht Voraussetzung), können
Sie später ggf. in Haftung genommen werden.

Wenn dein Facharzt dir zum einem Medikament rät und es dir dabei gut geht, kann kein anderer Arzt
dir die Einnahme verbieten...
Was förderlich ist und was nicht, entscheidend im Moment noch dein Facharzt - daran wird sich auch
nichts ändern...

Wer hat denn die AU-Bescheinigungen angezweifelt - wer hat dir die Streichung der Bezüge angedroht ???

Ein Amtsarzt kann natürlich nicht nach 30 Min. entscheiden, wie dein Gesundheitszustand ist - und nicht
der Arzt entscheidet über die DU sondern der Dienstherr...

Ich würde dem Personalbereich jetzt mitteilen, dass eine teilstationäre Aufnahme - vermutlich eine Tagesklinik -
geplant ist - diese wird auch jedem Fall von deinem Facharzt befürwortet - dann musst du dich vermutlich
anschließend beim BAD oder beim Amtsarzt vorstellen - und dann kann man ggf. an eine stufenweise WE
denken...

Ich würde auf jeden Fall mal mit dem Betriebsrat sprechen und diesem das Betriebliche Eingliederungsmanagement
(BEM) ans Herzen legen...denn nach 42 Tagen Krankheit, muss das vom AG auf jeden Fall durchgeführt werden.
Und dann kann die stufenweise WE, die ein Teil vom BEM ist, innerhalb dem BEM-Verfahren durchgeführt werden.
Mit dem BEM kann auch eine neue bzw. eine Stelle gefunden werden oder dein Arbeitsplatz so ausgestattet werden,
dass eben deine Krankheit nicht schlechter wird bzw. dass du wieder gesund wirst...

Auf jeden Fall mal den BR informieren und sich beraten lassen...

Re: Amtsarzt: wie weit gehen die Befugnisse?

Verfasst: 19. Sep 2012, 07:22
von Beamter77
@ kater mikesch

Es geht um einen Landesbeamten der Polizei.

"...also dieser Amtsarzt war auf jeden Fall kein Facharzt - vermutlich Allgemeinmediziner..."
Scheinbar war das wohl ein Facharzt, auch wenn man das kaum glauben mag.

"Wer hat denn die AU-Bescheinigungen angezweifelt - wer hat dir die Streichung der Bezüge angedroht ???"
Dem Dienstherrn soll genau das durch den Amtsarzt empfohlen werden. Kaum zu glauben.

Ist das denn auch durchsetzbar bzw. gesetzlich geregelt?

Re: Amtsarzt: wie weit gehen die Befugnisse?

Verfasst: 19. Sep 2012, 08:19
von Kater-Mikesch
Hallo Beamter77,

im Prinzip ist es egal ob Bundesbeamter oder Landesbeamtet - grds. gib es keine Unterschiede, höchstens im Detail,
das muss du dann aber ggf. mal mit dem BR abklären...

Wenn dein Facharzt die AU-Bescheinigung ausstellt und dich schon längere Zeit behandelt, dann kann der Amtsarzt
(auch wenn er Facharzt für psychosomatische Krankheiten wäre - das glaube ich aber nicht...) in dieser Kürze nicht
eine rechtlich nachhaltbare Diagnose stellen...

Was aber am wichtigsten ist, dass der Amtsarzt auf jeden Fall keine solche Drohung wie Streichung der Bezüge
aussprechen kann...wenn überhaupt (und das ist meiner Meinung nach nicht vom Dienstherr durchsetzbar) kann nur
dein Dienstherr in Bezug auf Bezüge was machen...
Außerdem kann der Amtsarzt auch nicht die AU-Bescheinigung rechtlich bezweifeln - wenn nur dein AG - eine Rechtsbeziehung
besteht nämlich nur zwischen dir und deinem Dienstherr...

Geh am Besten mal zu deinem BR und beschwer dich über Vorgehensweise den BR bei deinem Dienstherr. Weiterhin würde ich auch
mal eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen. Eine solche Drohung könnte strafrechtlich geandet werden...
Das kann dir aber ein Anwalt bei einem Beratungsgespräch erklären...

Re: Amtsarzt: wie weit gehen die Befugnisse?

Verfasst: 19. Sep 2012, 08:48
von Beamter77
Also kann man davon ausgehen, dass es sich hierbei einfach nur um den Aufbau einer "Drohkulisse" handelt?
Ein Nachweis zu führen gegen die Aussagen eines Amtsarztes erscheinen schwierig, da hier ja dann Aussage gegen Aussage stehen würde.
Ich denke, man sollte erstmal das schriftliche Ergebnis abwarten. Dann kann man weitersehen.
Oder gibt es andere Meinungen?

Re: Amtsarzt: wie weit gehen die Befugnisse?

Verfasst: 19. Sep 2012, 09:38
von Kater-Mikesch
Da kannst du Recht haben...warte erst einmal das Gutachten ab - ich gehe davon aus, dass in diesem
Gutachten nicht drinsteht, dass die AU-Bescheinigungen nicht mehr akzeptiert werden.

Des weiteren würde ich an deiner Stelle aber mal mit dem Betriebsrat reden.

Die stufenweise Wiedereingliederung bei längerer Krankheit ist ein Teil eines BEM...
Das BEM-Verfahren ist ein aufwendiges Unterfangen, bei dem der AG nicht so oft mitspielt - lass dich
vom BR beraten, was möglich ist...ansonsten würde ich auf jeden Fall die Tagesklinik empfehlen, wenn
dein Facharzt das für nötig hält.
Somit trägst du deinen Teil dabei, dass du wieder gesund wirst - dann muss der AG reagieren - in deinem
Fall kann ein BEM ratsam sein - aber geh einfach mal zum BR und lass dich beraten...

Wenn Du schon länger krank bist, würde ich mal eine Beantragung einer Schwerbehinderung veranlassen.
Mit einem Befund deines Arztes und dem anschließenden Antrag beim Versorgungsamt, könnte ggf. eine
Schwerbehinderung oder ab 30 % eine Gleichstellung möglich sein.