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EU-Gerichtshof Luxemburg (Urlaubsregelung)

Verfasst: 4. Mai 2012, 16:41
von schäferhund
Beamte, die infolge Erkrankung ihren während ihrer aktiven Dienstzeit erworbenen Anspruch auf Jahresurlaub nicht, oder nur teilweise einbringen konnten und während der Erkrankung in den Ruhestand versetzt wurden, können nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg (AZ: C 337/10) eine Ausgleichzahlung für den nicht genommenen Urlaub erhalten.

Weiß jemand, wo hier Ansprüche angemeldet werden können ?

- bei der Besoldungsstelle, welche die für Berechnung und Auszahlung der Pension zuständig ist ?
- bei der Besoldungsstelle, welche für die Zahlungen während der aktiven Dienstzeit zuständig war?
- beim Personalbüro der ehemaligen Dienststelle ?

Wie sieht es im Bereich der Rückwirkung aus ?

Was meint Ihr ? Ich weiß, dass Urteil ist noch ganz neu und hat auch in der Öffentlichkeit teilweise für Unverständnis gesorgt.

Gruß
Schäferhund

Re: EU-Gerichtshof Luxemburg (Urlaubsregelung)

Verfasst: 6. Mai 2012, 17:01
von minet
Dies scheint bereits das 2. Urteil zu sein. Zuständig ist der Dienstherr, bei dem der Urlaubsanspruch entstanden ist. Im Nov. 2011 habe ich mit Übersendung meiner Büroschlüssel die Auszahlung des Urlaubs für 2010 und 2011 beim meinem seinerzeitigen Dienstherrn (die Versetzung in den Ruhestand wurde 2 Tage später wirksam) beantragt. Laut Beamtenbund war dies der richtige Addressat. Man müsse aber noch ein weiteres Urteil abwarten.

Leider ist die Öffentlichkeit nicht darüber informiert worden, dass die Angestellten des öD. der Urlaub schon immer ausgeglichen wurde. Dies wurde den Beamten mit der Begründung versagt, sie hätten nach 6 Wochen ja weiterhin den vollen Lohn.

Re: EU-Gerichtshof Luxemburg (Urlaubsregelung)

Verfasst: 6. Mai 2012, 21:48
von minet
[quote="Mitsumo"]Wobei ich persönlich auch kein Verständnis für diese Urteil habe. Da sitzt ein Beamter Jahre krank zu Hause, bekommt dafür volle Bezüge und soll dann auch noch EU ausgezahlt bekommen.[/quote]

Du unterstellst den Beamten Faulenzertum und den Ärzten dass sie dies unterstützen! Aus eigener Erfahrung muss ich mitteilen, dass es auch Beamte gibt, die Überstunden leisten und auf Urlaub verzichten, bis sie dann mit "burn out" zusammen brechen. Aber selbst der erdiente Urlaub, bis zum 1. Krankheitstag wurden den Beamten im Gegensatz zu den Angestellten nicht gewährt.

Übrigens, das 1. Urteil des EUGH datiert vom 20.01.2009 wurde bisher, als nicht fürdie Beamten zutreffend, ignoriert. Außerdem werden keine 30 Tage, sonders höchstens 20 Tage entschäödigt.

Re: EU-Gerichtshof Luxemburg (Urlaubsregelung)

Verfasst: 7. Mai 2012, 08:56
von schäferhund
Mitsumo hat geschrieben:Wobei ich persönlich auch kein Verständnis für diese Urteil habe. Da sitzt ein Beamter Jahre krank zu Hause, bekommt dafür volle Bezüge und soll dann auch noch EU ausgezahlt bekommen.
Ursprünglich dachte ich ähnlich.
Aber: Nicht wenige Kolleginnen u. Kollegen wurden offenbar bewusst in die DDU gedrängt (besser gesagt "gemobbt"), so zumindest mein Eindruck. Unser Forum hier ist voll mit derartigen Beiträgen. Bei manchen Leuten ist hier die ganze Lebensplanung eingestürzt. Irgendwie habe ich da schon Verständnis, wenn hier einige Betroffene versuchen, noch den letzten Cent irgendwie rauszuholen. Wenn der Dienstherr nicht weiß, wie man vernünftig mit Menschen umzugehen hat, dann soll er gefälligst zahlen. :D
Außerdem spart bei jeder vorzeitigen Pensionierung der DH ohnehin viel Geld, zumal die Stellen häufig nich mehr besetzt werden.

Re: EU-Gerichtshof Luxemburg (Urlaubsregelung)

Verfasst: 15. Feb 2013, 16:59
von walkuere
Urteil BVerwG vom 31.01.2013 (Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor)

Urlaubsabgeltungsanspruch auch für Beamtinnen und Beamte

Beamtinnen und Beamte haben nach den Maßgaben der Rechtsprechung des
Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einen Anspruch auf Abgeltung des
unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt
bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten. Das
Bundesverwaltungsgericht hat dies festgestellt und zugleich die
Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieses Anspruchs konkretisiert.

Der Anspruch ergibt sich direkt aus der sogenannten europäischen
Arbeitszeitrichtlinie. Erfasst wird damit aber nur der Mindesturlaub von 20
Tagen im Jahr und nicht darüber hinausgehender Urlaub nach nationalem Recht,
Zusatzurlaub wegen Schwerbehinderung und Arbeitszeitverkürzungstage.
Urlaubsansprüche sind aber nur abzugelten, wenn sie nicht verfallen sind.
Urlaub verfällt nach der Entscheidung nach 18 Monaten.

Als Grundlage für die Höhe der Abgeltung ist auf die durchschnittliche
Besoldung der letzten drei Monate vor der Zurruhesetzung abzustellen. Es
gilt die normale dreijährige Verjährungsfrist und der Abgeltungsanspruch ist
nicht von einem Antrag abhängig.

Christian Götz, ver.di Bundesverwaltung, Ressort 2 –Recht

Re: EU-Gerichtshof Luxemburg (Urlaubsregelung)

Verfasst: 27. Feb 2013, 10:28
von walkuere
Urlaubsabgeltungsanspruch auch für Beamte

Beamte haben nach den Maßgaben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) einen Anspruch auf Abgeltung des unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaubs, den sie krankheitsbedingt bis zum Eintritt in den Ruhestand nicht mehr nehmen konnten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden und zugleich die Voraussetzungen und Rechtsfolgen dieses Anspruchs konkretisiert.

Der Kläger, ein Polizeibeamter, ist Mitte 2008 wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand getreten, nachdem er zuvor ca. ein Jahr lang dienstunfähig erkrankt war. Sein Begehren auf finanzielle Abgeltung des Erholungsurlaubs, des Schwerbehindertenzusatzurlaubs nach § 125 SGB IX und des Arbeitszeitverkürzungstags für die Jahre 2007 und 2008 hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg.

Die Revision des Klägers war teilweise erfolgreich. Das Bundesverwaltungsgericht geht im Anschluss an die Rechtsprechung des EuGH von einem unionsrechtlichen Urlaubsabgeltungsanspruch wegen krankheitsbedingt nicht genommenen Erholungsurlaubs aus. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, der sog. Arbeitszeitrichtlinie. Er ist beschränkt auf den nach Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen pro Jahr, erfasst also weder einen über 20 Tage im Jahr hinaus reichenden Erholungsurlaub noch Arbeitszeitverkürzungstage oder einen Schwerbehindertenzusatzurlaub nach § 125 SGB IX. Soweit ein Beamter diesen Mindesturlaub wegen Krankheit und anschließenden Ausscheidens aus dem aktiven Dienst nicht nehmen kann, hat er einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung, also auf eine finanzielle Vergütung für den nicht genommenen Urlaub.

Allerdings ist der Mindesturlaubsanspruch auch dann erfüllt, wenn der Beamte im fraglichen Jahr zwar seinen ihm für dieses Jahr zustehenden Urlaub nicht hat nehmen können, wohl aber „alten“, nämlich aus dem Vorjahr übertragenen Urlaub. Für das Jahr, in dem der Beamte aus dem aktiven Dienst ausscheidet, stehen ihm der Mindesturlaubsanspruch und der hieran anknüpfende Urlaubsabgeltungsanspruch anteilig für die Zeit bis zum Ausscheiden zu. Urlaubsansprüche aus vorangegangenen Jahren sind nur abzugelten, wenn sie nicht verfallen sind. Ein solcher Verfall tritt jedenfalls 18 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres ein; der Normgeber kann eine kürzere Frist bestimmen, die aber nach der Rechtsprechung des EuGH deutlich länger sein muss als das Urlaubsjahr. Die Höhe der Abgeltung bemisst sich nach dem Durchschnitt der Besoldung der letzten drei Monate vor Eintritt in den Ruhestand, umgerechnet auf die Zahl der nicht genommenen Urlaubstage. Der unionsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch unterliegt keinem Antragserfordernis und verjährt in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend mit dem Ende des Jahres, in dem der Beamte in den Ruhestand tritt.

BVerwG 2 C 10.12 - Urteil vom 31. Januar 2013