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Unsicherheit ob ich Beamter werden soll oder nicht.

Verfasst: 27. Mär 2011, 15:17
von Beat_it
Hallo,

ich bin 15 Jahre alt und besuche zur Zeit eine Realschule, die ich mit einem ~ 2,3 Schnitt beenden werde.

Ich habe mich auf einige Stellen beworben.

Versicherungskaufmann
Industriekaufmann
und Beamter in der Steuerverw. (mittl. Dienst)

Nun habe ich eine Zusage als Steuerverw. bekommen und es angenommen.
Natürlich habe ich mich davor informiert, doch nach der Zusage umsomehr.

Ich habe einige bedenken, ob ich die Stelle antreten soll oder nicht.

Viele Leute, in Foren o.ä. , meinen, dass der Beruf einen kaputt macht, es sehr trocken wird und man nur das gleiche machen wird...

Zum einen streb ich den gD an, doch weiß ich schon, dass es ziemlich schwer ist. Die Beamten haben mir beim Vorstellungsgespräch eine Aufstiegschance von 10% genannt. Das ist nicht gerade hoch..


Über das Gehalt habe ich mir auch so meine Gedanken gemacht.
Ich möchte meinen Kinder schon etwas bieten können, dabei habe ich keine so hohen Ansprüche. Mein vater verdient 2000-2300 € Netto im Monat, wir sind eine 6 köpfige Familie und ich kann über garnichts meckern.


Im mittl. Dienst steig ich bei A6 ein und habe somit ein Bruttoeinstiegsgehalt von ca. 1800€.
Ok für den Anfang, doch dauert das schon lange bis man mehr bekommt.
2-3 Jahre für eine Stufe für 50 Euro Brutto mehr...

Von A6 und A7 und A7 auf A8 habe ich leider keine Vorstellung wie lang es im Durchschnitt braucht.

Vor einigen Tagen habe ich sogar noch gelesen, dass die Sonderzahlungen wegfallen und man für eine höhere Stufe ( zb. A7 Stufe 6 auf 7) länger braucht als sonst. D.h. noch weniger Gehalt.

Nur ist das Gehalt nicht grad hoch. die PKV ist auch ziemlich teuer, sodass von dem eh nicht so hohen Gehalt wieder eine lange Stange Holt wegfällt.

Außerdem finde ich das alles sehr kompliziert, wie es ist, wenn man ein Antrag auf Entlassung stellt, weil man nicht mehr da arbeiten will.. wegen den Versicherungen usw.


Was ratet ihr mir? Ich bin echt verunsichert und überlege Stundenlang was ich machen soll..

Soll ich erst die Ausbildung machen und dann schauen?
Oder doch erst weiter Schule machen?


Könnt ich mich nach der Ausbildung 1 Jahr beurlauben lassen und mein Fachabi nachholen und mich daneben im gD bewerben?

Ich danke Euch jetzt schonmal für die Antw.

Verfasst: 28. Mär 2011, 11:59
von schäferhund
Hallo Beat_it,

deine Geschichte erinnert mich sehr an meine eigene Jugendzeit in den 70er Jahren. Auch ich war damals Realschüler und hatte einen vergleichbaren Notendurchschnitt.

Ich rate dir, möglichst die Laufbahn des gehobenen Dienstes anzustreben. Im mittleren Dienst hast du weder Gestaltungs- noch vernünftige Aufstiegsmöglichkeiten. Außerdem ist der mittl. Dienst verstärkt von Personalabbau betroffen (nicht nur bei Post, Telekom, Bahn usw.) Und wenn der Beamte dann nicht freiwillig geht, wird er so lange gemobbt, bis er geht.
Leider kenne ich da ein Dutzend trauriger Fälle aus meinem Umfeld.

Was die Steuerverwaltung anbetrifft, scheint dies tatsächlich eine etwas trockene Angelegenheit zu sein. Man sieht es ja schon bei der jährlichen Einkommensteuererklärung. Aber dies ist sicherlich auch eine Ansichtssache und manchen Leuten gefällt diese Tätigkeit.

Da deine Noten soweit ok sind, wäre es sinnvoll, das Abitur / Fachabitur unmittelbar nach deinem Realschulabschluß nachzuholen.
Du hättest den Vorteil, noch etwas Zeit zu gewinnen und gezielt nach weiteren Beamtenberufen (möglichst gehobener oder nach Studium sogar höherer Dienst )zu schauen. Zugegeben, es wird da schon viel abverlangt - dürfen wir nicht vergessen !

Vielleicht kennen deine Eltern in ihrem Freundes- oder Verwandtenkreis irgendeinen erfahrenen Beamten / Beamtin, der dir noch weitere Ratschläge und Erfahrungswerte geben kann.

Wünsche dir jedenfalls viel Glück und Erfolg !

Gruß

Schäferhund

Verfasst: 28. Mär 2011, 20:01
von Bundesfreiwild
Mein Tipp aus eigener Erfahrung:

Wieso machst du nach der Realschule nicht noch gleich das Abitur?
Das würde ICH als das sinnvollste betrachten. Mit einem Abi stehen einem alle Türen offen und mit 18-19 weiss man auch schon eher, wohin es im Leben beruflich gehen soll.

Alles andere - sozusagen auf dem zweiten Bildungsweg - ist eine mörderische Angelegenheit. Lehre und Fachabi bringen einem eigentlich nicht viel - außer einem Job mit wenig intellektueller und finanzieller Entwicklungsmöglichkeit. Für intelligente und evtl. auch noch kreative Menschen ist das ein endlos frustrierendes Berufsmassengrab.

Ich habe es immer bereut, das Abi nicht gemacht zu haben, weil ich durchs eigene Geldverdienen meine verwitwete Mutter finanziell entlasten wollte. Das war ein großer Fehler, der die Weichen fürs Berufsleben eindeutig in eine nicht wünschenswerte Richtung gestellt hat.

Auch wenn man mit einem Realschulabschluss in der Tasche evtl. -grad mit 15-16 - keine Lust mehr hat, weiter in die Schule zu gehen, sind die es genau die drei Jahre bis zum Abi, die einem für die Zukunft wirklich etwas bringen.

WEnn man ein Abi hat, kann man sich auch noch als Spätberufener an der Uni einschreiben, sogar wenn man mit 70 nochmal studieren will. Abi ist der Schlüssel, der einem einige Freiheit bringt.

Zudem verlangt man mittlerweile sogar für Berufe mit mittleren Anforderungen schon ein Abitur. Meine Empfehlung also: Erstmal auf ein gutes Abitur konzentrieren und dann neu überlegen! Bloss nicht mit 16 unbedingt schon in den Beruf wollen, weil man dann finanziell unabhängig ist - es rächt sich! Und das um so mehr, je intelligenter und interessierter man allgemein ist.

Und der mittlere Beamtendienst ist das unkreativste und frustrierendste "Massengrab" überhaupt. Zudem sollen ja so ziemlich überall die Beamten weg - also werden sich die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten nicht wirklich darstellen.

Ich bin seit 35 Jahren in Vollzeit Beamtin und seit 18 Jahren A8. Ende Gelände. A9er wurden aus den Bewertungen fast flächendeckend 2001 gestrichen. (bei Telekom)

Wenn überhaupt - mach Abitur und gehe in den gehobenen Dienst, da wird wenigstens einigermaßen ordentlich verdient.

Wie gesagt - Abitur machen und dann nochmal umsehen.

Verfasst: 28. Mär 2011, 21:04
von Beat_it
Ich hatte eig. vor erstmal meine Ausbildung durchzuziehen und wenn ich dann in der Abschlussnote keine 1 oder 2 habe zu gehen.
Ich habe gehört, dass wenn man eine 1 oder 2 hat, man direkt in den gD kann, stimmt das?


Dann würd ich halt nach der Ausbildung mein Fachabi innerhalb von 1 Jahr nachholen und mich im gD und wo anders bewerben.
Immerhin müsst ich ja gute Chancen haben, da ich schon Erfahrung durch die Ausbildung im mittl. Dienst habe, oder nicht?


Aufjedenfall wollt ich etwas Kaufmännisches, bzw. was im Finanzenbereich machen.
Wenn ich nach dem Fachabi nichts finden würde, würd ich BWL o.ä. studieren..

Wir würds denn jetzt aussehen, wenn ich die Ausbildung doch nicht machen will und sie " absagen " will? Ich habe immerhin schon viele Zettel ausgefüllt usw...
Würd das so einfach gehen? Und was sollt ich da sagen?

Verfasst: 29. Mär 2011, 15:17
von Zollkodex-Ritter
Man wird gerne in den mittleren Dienst damit gelockt, dass man doch immer noch den Aufstieg in den gehobenen Dienst machen kann. Urplötzlich kann sich die Personalabteilung nach der Ausbildung nicht mehr an Zusagen erinnern...

Ich rate dir, hänge jetzt besser Schule dran, mach dein Abi oder dein Fachabi und gehe dann in den gehobenen Dienst.

Verfasst: 29. Mär 2011, 15:56
von leonsucher
Beat_it hat geschrieben:Ich hatte eig. vor erstmal meine Ausbildung durchzuziehen und wenn ich dann in der Abschlussnote keine 1 oder 2 habe zu gehen.
Ich habe gehört, dass wenn man eine 1 oder 2 hat, man direkt in den gD kann, stimmt das?
g.D. durch " Handauflegen " gab es vielleicht in Zeiten bis 5 Jahre nach der Wiedervereinigung, wo " erfahrene " Kollegen des m.D. ( im Westen war man teilweise froh, dass man sie los war ) zur " Aufbaubauhilfe " in den Osten Deutschlands geschickt wurden und dies neben " Buschzulage " in Anfangs voller Gehaltshöhe auch mit hohen Reisekostenvergütungen und eben unkomplizierter Überführung in den g.D. belohnt bekamen.

Mittlerweile braucht man in einigen Behörden für einen Ausbildungsaufstieg ( in jungen Jahren ) oder Praxisaufstieg ( bei lebensälteren Beamten ) vom m.D. zum g.D. mehr Glück als Verstand.
Vorbeurteilungen müssen stimmen, Dienstalter/ Besoldungsgruppe muss stimmen, Vorgesetzter muss den Aufstieg ausdrücklich befürworten, Auswahltests auf g.D. Niveau müssen bestanden werden und nicht zuletzt muss eine Planstelle dafür frei sein.

Dies Alles kann man nicht planen und selbst wenn man im m.D. wirklich gut ist, werden die allermeisten fähigen Interessenten ( deshalb sind 10 % ein reeller Wert ) leer ausgehen.

Daher auch mein dringender Rat, wenn g.D., dann nur über die normale Laufbahnausbildung.

Verfasst: 29. Mär 2011, 20:21
von registerbeamter
Hallo,

kann mich nur aus eigner Erfahrung erst mittlerer Dienst Finanzamt. Dann Fachabi gehobener in der Kommunalverwaltung.

Mach das Fachabi und dann gehobener Dienst.

Kenne aber auch Leute die haben Fachabi abendschule gemacht und dabei Teilzeit mittlerer Finanzamt gemacht, Dann dort in den gehobenen Dienst nochmal als Anwärter.

Der gehobene Dienst war dann einfacher durch die vorherrige Berufserfahrung.

Grüße

Verfasst: 30. Mär 2011, 06:42
von Ossikind
leonsucher hat geschrieben:
( im Westen war man teilweise froh, dass man sie los war )
Was ?
Die sind nach 21 Jahren hier immer noch die fähigsten, klügsten, besten (jedenfalls die, die hiergeblieben sind :P )

Verfasst: 6. Apr 2011, 09:23
von Conny
registerbeamter hat geschrieben:Kenne aber auch Leute die haben Fachabi abendschule gemacht und dabei Teilzeit mittlerer Finanzamt gemacht, Dann dort in den gehobenen Dienst nochmal als Anwärter.
Vielleicht ist das ja heute anders aber (für meinen Fachbereich gesprochen) 1998 und nach den Erfahrungen davor hatten genau diese Aufstiegskollegen die meisten Schwierigkeiten und die deutlich höchste Durchfallquote.

Es ist halt schon ein Unterschied, ob ich alles schon zu wissen meine oder ob ich die tiefen Detailkenntnisse (gerade in den rechtlichen Aspekten) wirklich habe und auch Zusammenhänge erkenne, die oberflächlich betrachtet nicht vorhanden scheinen.

Es geht da nicht darum, wer der bessere Mann in der Praxis ist aber Hochschule funktioniert doch anders als Ausbildung. Das verkannten doch sehr viele Kollegen zu meiner Zeit. Sie legten sich lange entspannt zurück, bis es dann einschlug. Nur wenn Du den Zeitpunkt verpasst hast, dann war es das. Darin ähneln sich wieder Hochschule und Ausbildung.

Daher ganz klar. Wenn g.H., dann sofort als Einstieg.

Verfasst: 7. Apr 2011, 11:56
von Silesia
Also meiner Meinung nach verdient man auch im mittleren Dienst ganz gut! Ich selber bin gelernter Kaufmann im Groß- und Außenhandel und habe im Baustoffgroßhandel gearbeitet.

Dafür, dass ich den Beruf gelernt habe und in der gleichen Firma gearbeitet habe, habe ich 1799 Euro brutto verdient. Nach ca. 4 Jahren hätte ich vielleicht mal 2100 Euro brutto verdient, was netto gerade mal 1300 Euro ausmacht. Mit etwas Glück hätte ich irgendwann mal 2500 Euro bekommen (netto ca. 1500 Euro). Ohne Aufstieg wäre spätestens da schluss gewesen!

Leider hat mich auch die Wirtschaftslage schon 2 mal erwischt und ich bin gerade wieder arbeitssuchend. Habe aber für dieses Jahr eine Zusage für eine Ausbildung zum Beamten in der Steuerverwaltung, sprich ich möchte eine zweite Ausbildung machen (bin 26 Jahre). Nach der Ausbildung komme ich ja in die Besoldungsgruppe A6 (natürlich vorausgesetzt ich werde übernommen). Das wäre dann etwa 1600 Euro "netto". Für mich ist das schon ein Unterschied!

Und es geht ja noch aufwärts. Zwar nicht ins unermessliche aber ich bin mir sicher, dass ich in meinem Beruf solche Beträge niemals erreichen würde. Aufgrund diverser Vorstellungsgespräche habe ich auch bemerkt, dass viele Arbeitgeber zur Zeit nicht wirklich gut zahlen. Als ich bei einem Gespräch sagte, ich verdiene gerade 1800 Euro brutto, bekam ich als Antwort "das sind ja schon Industrietarife! das bekommen Sie bei uns nicht! wir zahlen 1400 Euro brutto, der Rest ist Provision!"

Es kommt natürlich auf den einzelnen Menschen an. Die einen würden sich denken okay Provision, wenn ich gut bin, verdiene ich auch gut! Ich bin aber eher der Mensch der Wert auf Sicherheit legt. Ich will natürlich meine Leistung bringen aber ich will auch jeden Monat mein sicheres Geld haben. Ich will einen sicheren Arbeitsplatz. Ich denke auch nicht, dass ich so der Aufstiegsmensch bin, der später mal Filialleiter oder höher wäre. Und davon mal abgesehen, die verdienen zwar gut, müssen dafür aber deutlich mehr arbeiten.

Und ich möchte außerdem weg vom Vertrieb! Umgang mit Menschen ja, aber kein Verkauf mehr wo man ständig nur an Umsatztahlen gemessen wird und wehe sie sind schlecht! Das Problem hatte ich zwar nie aber hab schon Leute gesehen die wegen nicht gewünschte Zahlen vom Arbeitgeber eben gekündigt wurden. Ich habe es satt, mich ständig fragen zu müssen, was in paar Jahren ist! Vor allem da es zur Zeit fast nur noch befristete Verträge gibt.

Ich bin mir auch dessen bewusst, dass auch bei Beamten in der Steuerverwaltung darauf geschaut wird, wieviele Steuererklärungen sie so bearbeiten usw., finde ich selbst aber weniger schlimm als was für Umsatz macht mein Angestellter im Monat.

Natürlich hat es ein Beamter nicht nur schön und auch dieser Job kann belastend sein, aber ich sehe für mich in dieser Laufbahn wesentlich mehr Vorteile!