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Beamter sein oder nicht sein - das ist hier die Frage

Verfasst: 29. Nov 2010, 11:05
von beamtensurfer
Hallo,

bin durch Zufall auf dieses Forum gestoßen und erhoffe mir ein paar Denkanstöße für unsere Entscheidung: Meine Freundin hat einen Ruf an eine süddeutsche Hochschule erhalten, die Stelle wäre verbeamtet, zunächst zur Probe. Zur Zeit ist sie Angestellte, ist glücklich in einem herausfordernden Umfeld und verdient überdies sehr ordentlich. Jetzt überlegen wir hin und her.

Mal abgesehen vom Gehaltsunterschied (als Angestellte verdient sie derzeit rund 10.000 Euro mehr):
Würdet ihr sagen, so eine Chance muss man ergreifen, weil die Sicherheit, die eine Verbeamtung mit sich bringt, alles andere aufwiegt? Wie groß seht ihr die Vorteile für einen Beamten beim Thema Rente/Pension? Und wie groß schätzt ihr das Risiko ein, daß sie nach der Probezeit dann doch nicht verbeamtet wird?

Danke und viele Grüße!

Verfasst: 29. Nov 2010, 11:55
von EDE
Aus heutiger Sicht kann ich vom öD allgemein und vom Beamtentum im Besonderen nur abraten.

Beamte haben keine Arbeits- oder Vergütungsverträge, sondern sind auf Gedeih und Verderb dem Gesetzgeber (und den verschuldeten Staatskassen) ausgeliefert.

Viele Beamte merken das bei der jetzigen Finanz-/Bankenkrise wieder. Bereits getroffene Zusagen, sogar schon beschlossene Gesetze werden kaltschnäuzig wieder einkassiert.

Und was die "gute und sichere" Pension anbelangt: Da gibt es nur eine Richtung - nach unten.

Verfasst: 29. Nov 2010, 12:35
von beamtensurfer
Hallo EDE, danke für deine Antwort!

Ich bin selbständig und somit auch auf Gedeih und Verderben meinen Auftraggebern ausgeliefert – allerdings ohne Netz und doppelten Boden. Wenn sich's einer von heute auf morgen anders überlegt und mir seine Gunst entzieht, habe ich keine Arbeit mehr oder zumindest keine Zusammenarbeit mit diesem Auftraggeber. Das Wissen darum und der ständige Kampf um alte und neue Auftraggeber ist auf Dauer sehr anstrengend.

Als Außenstehender kann ich deshalb nur sagen, daß für mich die Sicherheit eines Arbeitsplatzes sehr schwer wiegt – auch wenn dafür dann auch gewisse Nachteile in Kauf genommen werden müssen. Zumal es andererseits ja diverse Vorteile für Staatsdiener gibt, die der Rest der Menschheit - meistens - nicht hat, wie etwa Gehaltszuschläge für Kinder, Zuschüsse für Umzug usw. Ich finde es allerdings interessant, daß viele Beamte - hab im Forum ein wenig gelesen - dies gar nicht so sehr zu schätzen scheinen. Ist meine Beobachtung richtig und wenn ja, warum ist das so?

Verfasst: 29. Nov 2010, 13:03
von leonsucher
EDE hat Recht - wer sich jetzt noch anstelle eines Angestelltenjobs per Beamtenstatus an den Staat bindet, wird sein Berufsleben/ Pension später in gesicherter Armut bestreiten.

Der Staat wird ohne grundlegende Reformierung des Beamtentums bald keine Beamtenanwärter finden, denn die Geburtenrate ist nach der Wende kontinuierlich zusammengebrochen und der Wirtschaft fehlen schon jetzt qualifizierte Arbeitskräfte.

Diese bindet man mit anständiger Bezahlung, realen Karrierechancen, Mitspracherechten und überbetrieblichen Leistungen.

Dies kann und will der Staat nicht bieten, denn der macht nur noch auf billig.
Trügerische Sicherheit auf niedrigem Niveau in einem goldenen Käfig.

Eine Verbeamtung erspart dem Staat viel Geld in der aktiven Zeit des Beamten zum Angestellten, und bei der Pension wird man sicher auch noch Mittel und Wege dazu finden.

Momentan hat jeder Berufsanfänger woanders deutlich mehr Chancen seinen Weg zu aller Zufriedenheit zu machen, als sich für einen Dienstherrn als Beamter für fast lau ohne Rechte zu prostituieren....................

Verfasst: 29. Nov 2010, 18:56
von Thust
Sowohl EDE als auch leonsucher haben ihren Frust rausgelassen, aber leider die Frage nicht beantwortet. Im Geplänkel unter Beamten mag das in Ordnung sein, aber wenn ein Außenstehender konkrete Hilfe sucht, finde ich das fehl am Platz und ausgesprochen unfair.

Es gilt noch immer: "Der Mantel des Beamtentums ist eng, aber warm". Das dürfte insbesondere dann gelten, wenn die Freundin des Threaderstellers in den höheren Dienst geht, denn dort ist der Unterschied zwischen der Bezahlung derselben Tätigkeit als Angestellter und Beamter deutlich.

1.) Es hängt von eurer persönlichen Lebensplanung ab. Beispielsweise zählen Kindererziehungszeiten bis 3 Jahre pro Kind als Dienstzeit und werden später uneingeschränkt bei der Pension berücksichtigt. Ebenso ist die Pension an sich relativ hoch, im Vergleich zur normalen Rente. Allerdings wird es gerade hier vermutlich Kürzungen (oder besser gesagt: keine Erhöhungen, die Inflation tut den Rest) geben, wenn die Verbeamtungswelle der 70er Jahre in den Ruhestand geht. Oder man wird den Beamten einen Eigenanteil an der Ruhestandsversorgung aufbürden.

2.) Als Beamter auf Probe wird man auf Lebenszeit sicher verbeamtet, wenn man nicht gerade Silberlöffel klaut oder die Einstellungsbehörde aufgelöst wird. Also eine sehr hohe Chance.

3.) Ihr solltet noch etwas die Sache finanziell durchrechnen vor einer Entscheidung: www.oeffentlicher-dienst.info lässt euch die Beamtenbesoldung berechnen (wozu ihr die Besoldungsgruppe und Stufe wissen müsstet) und im Netz lässt sich sicher auch ein Pensionsrechner finden.


Summa summarum: Der Beamtenstatus bietet Vorteile, aber aufgrund des höheren Verdienstes von 10.000 Euro pro Jahr (Brutto/Netto?) tendiere ich zur Beibehaltung der bisherigen Arbeitsstelle, wenn diese einigermassen sicher ist. Dort sind auch sicher noch Lohnsteigerungen möglich.

@ Beamtensurfer-Dringend abraten

Verfasst: 29. Nov 2010, 19:49
von kurt47
Ich würde von der Beamtenwerdung DRINGEND abraten.
So wie mit den Beamten - von welcher Regierung auch immer - umgesprungen wird kann nie und nimmer ein Anreiz für diese lebenslange Leibeigenschaft sein.
Die Kinder kommen am Beispiel des Vaters nie auf die Idee Beamte zu werden.

Die demograpische Entwicklung spricht ohnehin für gute Chancen als Angestellte.

Verfasst: 30. Nov 2010, 02:00
von EDE
Frust habe ich nicht notwendig. Nur, man sollte Realist sein.

Ich arbeite ziemlich ministeriumsnah, und kenne die Ziele: Angleichen an den TVöD, und der ist Dank tatkräftiger Mitwirkung der sog. Gewerkschaften grottenschlecht.

Beamter wird sich in Zukunft nur noch in der Besoldungsordnung B einigermassen rentieren (Manager im öD, Entscheider). Der "A-Rest" wird brutal runtergefahren werden.

Es ist schon bezeichnend, dass eigentlich alle Kollegen - vom Personaler bis zum Dienststellenleiter - ihren Kindern eindringlich abraten, Beamter zu werden bzw. generell in den öD zu gehen. Ausnahme "B-Beamter", aber das werden nicht viele :-)

@Thust Sollte Dir noch nicht aufgefallen sein, das die Staatskassen ziemlich leer sind? Und wenn da wieder mal etwas Geld reinkommt, gibt es mittlerweile ganz andere Gruppen als den öD, die dann abzocken. :-)

Verfasst: 30. Nov 2010, 17:19
von Thust
"lebenslange Leibeigenschaft" (kurt47)
"leere Staatskassen" (EDE)


Das ist pauschales Frustablassen, ohne jeden Nutzen für den Hilfesuchenden. Ein konkretes Eingehen auf die persönliche Situation des Fragenstellers erfolgt durch euch nicht. Ich schlage vor, dass ihr solche Statements in einem separaten Thread äussert.

Wer eine konkrete Entscheidungsgrundlage haben will, sollte sich das Einkommen als Beamter bzw. als Angestellter ausrechnen auf die Lebensarbeitszeit hin, gern auch noch den Ruhestand berücksichtigen. Nach Vorlage dieser harten Zahlen kann man erst diskutieren ob die über das Einkommen (als wichtigster Entscheidungsgrundlage für die meisten unter uns) hinaus durchaus vorhandenen Nachteile des Beamtentums oder die Vorteile im jeweiligen konkreten Fall überwiegen.

Verfasst: 30. Nov 2010, 18:24
von Staatssklave
Die Antwort, ob es sich lohnt Beamter zu werden kannst Du dir nur selbst geben. Wie jeder Beruf gibt es hier Vor- und Nachteile. Hier ein paar davon zur Entscheidungsfindung.

Vorteile:
-Lebenslange Job-Garantie (dadurch keine Angst vor Hartz IV)
-relativ gute Pension
-gute Absicherung (Mindestpension) im Berüfsunfähigkeitsfall (als Beamter auf Lebzeit)
-kostenlose Fortbildungen
-sicheres Gehalt, das auch pünktlich bezahlt wird
-in den meisten Bereichen weniger Arbeitsdruck als in der freien Wirtschaft
-Anspruch auf Vollzeitbeschäftigung
-sehr gute soziale Absicherung z.B. bei Schwangerschaft

Nachteile
- keine Verhandlungen über das Gehalt, es wird je nach Kassenlage vom Gesetzgeber festgelegt, auch gegen ursprüngliche gesetzliche Regelungen
- sehr bescheidene Zulagen für Wochenenddienste und Nachtschichten, die dich je nach Einsatz als Beamter öfter treffen können
-wenig Entscheidungsmöglichkeiten (je nach Besoldungsgruppe)
- schwierige Beförderungslage
-Vorgesetzte, die nicht immer auch als solche geignet erscheinen
-kein Streikrecht und damit kaum Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen, die dich als Beamter betreffen
-immer ein schlechtes Image in der Öffentlichkeit bei guter Konjunktur bist du der Depp der für das wenige Geld arbeiten geht, bei schlechter der unkündbare Parasit
-geringere Entlohnung bei gleicher Qualifikation als in der Privatwirtschaft (allerdings nur bei kurzfristiger Betrachtungsweise, nicht auf die Lebenszeit gerechnet)

Das ist natürlich nur meine persönliche MEinung, aber vielleicht hilft sie ein wenig

Verfasst: 30. Nov 2010, 20:07
von Ossikind
Staatssklave hat geschrieben: -relativ gute Pension
-
Ahja, woher nimmst Du die Weisheit darüber ???
Das würde mich brennend interessieren,
Ich meine eben Pension in ca. 20 Jahren fortlaufend..... 8)

Verfasst: 30. Nov 2010, 20:33
von leonsucher
Wieso, Onkel Nobbi hat doch damals schon gesagt:
" Die Rente ist sicher. "
Und was für Renten recht, ist für Pensionen billig.
Den Politikern muss man ganz einfach vertrauen.
Wem sonst ?............................ :roll:

Wer weiß schon was in 20 Jahren ist

Verfasst: 30. Nov 2010, 22:03
von Staatssklave
Was in 20 Jahren sein wird weiß keiner. Der eine ist halt Pessimist der andere Optimist. Fakt ist, dass heute die Pension noch relativ gut ist und das was Du bis heute erdient hast eigentlich unter Bestandsschutz fallen müsste. Allerdings bei Staatsbankrott, Diktatur usw sieht das Ganze schon wieder anders aus. Genau das sind die Überlegungen die man sich halt machen muss als zukünftiger Beamter.

Verfasst: 1. Dez 2010, 13:07
von zollo
leonsucher hat geschrieben:Wieso, Onkel Nobbi hat doch damals schon gesagt:
" Die Rente ist sicher. "
Und was für Renten recht, ist für Pensionen billig.
.....

Aber über die Höhe reden unsere so geliebten Politprofis bewußt nicht

Verfasst: 1. Dez 2010, 17:33
von Silencium
Ich persönlich finde, dass sich die Beamten glücklich schätzen können auf einem so hohen Niveau jammern zu können. Man muss ja auch mal Realist sein und die eigene Qualifikation (gerade im mittleren Dienst) in Vergleich mit dem Einkommen setzen was ein vergleichbarer Arbeitnehmer in der "freien Wirtschaft" verdient. Gerade im Bürobereich (Bürokaufmann etc.) haben Beamte doch Netto ein beträchtliches Plus gegenüber gleich oder gar besser qualifizierten Angestellten. Man bedenke, dass die Laufbahnausbildung im mittleren Dienst gerade einmal 2 Jahre dauert und keine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist!

Und wenn dann ein Beamter mit A8 oder sogar A9 rumjammert wie schlecht es ihm geht, dann ist das für so manchen Arbeitnehmer der sich die ganze Woche lang den Arsch aufreist um dann mit 1200 Euro im Monat Kind und Kegel durchzubringen schon ein Schlag in's Gesicht!

Klar werden die Pensionen schrumpfen - die Renten natürlich auch (wenn nicht noch stärker) aber man sollte doch trotz allem ein bisschen auf dem Boden bleiben - gerade jetzt zur Weihnachtszeit ;-)

Und noch einmal zur Verdeutlichung: Ich habe bewusst das Beispiel der freien Wirtschaft gewählt und nicht Beamte und Angestellte des öD miteinander verglichen!

So und jetzt...Feuer frei!

:D

Verfasst: 1. Dez 2010, 18:10
von Mikesch
Teilweise gebe ich Dir Recht, aber...
Wenn auch die Ausbildung keine Berufsausbildung im Sinne des Berufsbildungsgesetzes ist, so ist doch der Stoffumfang entscheidend und dürfte dem eines "richtigen" Berufes in nichts nachstehen. Teilweise sogar im Gegenteil! Mal abgesehen von dem Status eines Rechtlosen...

Was das Salär anbelangt...
Ich, A9 in der Endstufe habe 2k Euro netto, meine deutlich jüngere Holde, als Ungelernte im Call-Center 1,7k. Also möge man nicht erzählen, dass gerade der mD sooo auf hohem Niveau jammert.

cu,
Mikesch